Agilität Selbstorganisation

Wenn Kafkas Corporates sich rebellische Hofnarren leisten

Einige Vordenker preisen Unternehmensrebellen als Heilsbringer, die verkrustete Unternehmensstrukturen aufbrechen. Quatsch, meint Winfried Felser. Denn meist sind Rebellen, wenn es sie gibt, die CEOs. Alle anderen agieren im Untergrund, ohne jede Wirksamkeit. Oder, noch schlimmer, sie verkommen zu Cargo-Kulten. Bewirken tun sie nichts.

There's no such thing as a corporate rebel.        Photo by Vincent M.A. Janssen from Pexels
There's no such thing as a corporate rebel. Photo by Vincent M.A. Janssen from Pexels

Charles Handy, Franz Kafka und Corporates

Als 2017 Charles Handy beim Druckerforum in Wien seine mittlerweile legendäre „Human Revolution“-Rede hielt, als Krönung des Events und Ausblick auf das kommende Jahr, erinnerten mich seine Schilderungen aus der Corporate-Welt seines Manager-Lebens immer wieder an Franz Kafka und an Werke wie „Das Schloss“ oder „Der Prozess“. Der Mensch war einem anonymen, sinnentfremdeten System ausgeliefert, verkam selbst zum Funktionsträger („Human Ressources!“) und zur Nummer und sehnte sich zurück in eine Zeit der „Company“, wo die Kollegen a group of companions beziehungsweise wirklich noch kokreative Menschen waren.

Corporate Rebels als Heilsbringer?

Das „Bürokratische Narrativ“ im Kampf mit dem „Humanen Narrativ“ – das ist geradezu episch. Mich wundert es nicht, dass die Corporate Rebels um „Joost and Pim“ eben Charles Handy in einem ihrer wichtigsten Beiträge als eines ihrer Vorbilder für das „Humane Narrativ“ nennen. Wer sind Joost and Pim? Im Beitrag zur Human Management Revolution liest man: „Joost and Pim” – known as The Corporate Rebels, are on a mission to make work more fun. They quit their frustrating, corporate jobs and set out to travel the world to visit the world’s most inspiring organizations.”  Mehr zu beiden, insbesondere zu Joost Minnaar, erfährt man in dem Interview von Stefanie Hornung für New Management. Das Wichtigste: Sie propagieren den Corporate Rebel als Heilsgestalt, um das Kafkaeske der Corporate World zu überwinden und dem „Humanen Narrativ“ zum Durchbruch zu helfen.

Zu oft ist Rebellion Cargo-Kult. Das heißt Inszenierung als Opium für das Mitarbeiter-Volk. Man leistet sich die Illusion von Rebellion, New Work, Agilität – als systemstabilisierende Maßnahme

 „Corporate Immune System“ – wenn es zurückschlägt (oder auch nicht)

In ihren Interviews berichten sie von wunderbaren Erfolgsbeispiele – von Buurtzorg in Holland bis Haier in China. Viele dieser Beispiele sind CEO getrieben. Der CEO als Rebell? Wirklich?! Jenseits des Rebells auf CEO-Ebene bleibt leider oft nur der Untergrund. Das räumt Minnaar selbst ein. Clayton Christensen meinte einmal beim Druckerforum sinngemäß (wenn ich mich richtig erinnere): „Wenn Sie disruptiv sein wollen, werden Sie Professor. In Corporates geht man unter.“ Das Immunsystem zerstört ernsthafte Gefahren. Also ist Rebellion – wenn sie nicht CEO-getrieben wird – in Corporates oft unsichtbar (Untergrund!), irrelevant oder am schlimmsten: Cargo-Kult. Das heißt Inszenierung als Opium für das Mitarbeiter-Volk. Man leistet sich die Illusion von Rebellion, New Work, Agilität – als systemstabilisierende Maßnahme.

Intrapreneurship - The end of the Corporates as we know them!

Was ist die Alternative? Das Interview von Stefanie Hornung mit Joost Minnaar weist den Weg. „Intrapreneurship“ – aber eben nicht als täuschender Cargo-Kult, sondern als Teil der Unternehmens-DNS! Minnaar selbst warnt: „Intrapreneurship is an old concept from the 1970s, but it is regaining popularity. Unfortunately, it is mostly a kind of fake freedom”.

Wir brauchen weniger rebellische Hofnarren und Cargo-Kulte, sondern einen paradigmatischen Wandel unserer ökonomischen Logik– für Humanzentrierung und neue ökonomische Erfolge!

Konzepte wie FLEAT von Haufe oder CompanyRebuilding von Detecon sind deswegen für den Autor dieses Beitrags der wahre Heilsweg, weil nicht auf einen heroischen Transformator gehofft wird, sondern ein paradigmatischer Wandel der ökonomischen Logik realisiert wird. Dann gelingt auch Transformation @ Scale jenseits der Heroen.

Wir brauchen weniger rebellische Hofnarren und Cargo-Kulte, sondern einen paradigmatischen Wandel unserer ökonomischen Logik– für Humanzentrierung und neue ökonomische Erfolge!