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Die gute Führung

Kann ein Unternehmen allein mit Sachlichkeit geführt werden? Wie könnte eine Unternehmung, die aus Menschen und Maschinen besteht, ausschließlich objektiv betrachtet werden? Die Bewertung der Fakten ist immer subjektiv, hier kommt das Management an seine Grenzen. Wo Menschen nicht von der Richtigkeit des Tuns überzeugt werden, wird es keinen dauerhaften Erfolg geben

Foto: Markus Spiske on Unsplash
Foto: Markus Spiske on Unsplash

Was zählt: Zahlen oder Menschen?

In der Wirtschaft treffen zwei Lager mehr oder weniger unversöhnlich aufeinander. Manager beschäftigen sich mit den sachlichen Notwendigkeiten des Unternehmens. Personalverantwortliche betonen die menschlichen Aspekte und das Arbeitsumfeld als die wichtigsten Faktoren des Unternehmenserfolges. Manager blenden den Menschen und alle emotionalen Aspekte aus, um den wissenschaftlichen Anspruch der Objektivität zu erfüllen. Personaler setzen sich nicht mit Sachfragen auseinander und werden daher in der Unternehmensführung nicht ernst genommen. Beide Seiten halten sich, bildlich gesprochen, ein Auge zu. Bei der Erfindung der Betriebswirtschaft hatte man beide Augen für die Sache geöffnet und erreichte dadurch Exzellenz. Gute Führung ist das, was in der Sache exzellent ist und dabei die emotionalen Aspekte berücksichtigt und nutzt.

Eine Heldenreise in die Zukunft
Was hindert uns auf dem Weg zur Exzellenz? Was fesselt uns an Paradigmen der Industriegesellschaft, die in einer komplexen und dynamischen Wissensökonomie nicht mehr passen? Und was lehrt uns ein Blick auf antike mythologische Helden? Diesen Fragen geht Dr. Guido Schmidt an dieser Stelle in Form eines Fortsetzungsromans nach.
Teil 6 Sparta wird das Management nicht retten

Vertrauen als Ausgangspunkt

Odysseus war nicht verwundert, als Menelaos, Nestor und Palamedis auf Ithaka anlandeten. Sie wollten die griechischen Könige und Fürsten für einen Feldzug gegen Troja gewinnen. Als König von Ithaka machte sich Odysseus Sorgen um Haus und Hof, wenn es tatsächlich Krieg geben sollte. Er wollte für einen langen Kampf an fremden Ufern vorbereitet sein, daher war es ihm wichtig, den Haushalt in Ithaka wohlorganisiert zu wissen. Mentor war der Mann, dem er sein Vertrauen schenkte. Mentor war gebildet, umsichtig und hatte bereits bewiesen, dass er einen Haushalt führen kann. Odysseus war sich sicher, dass sich sein Vertrauen gegenüber Mentor auszahlen würde. Der Kampf in der Ferne würde mit den Fähigkeiten des Mentor nicht gleichzeitig zu einem Überlebenskampf zuhause werden.

Wer Zukunft gestalten will, muss die sachlogischen Aspekte des Management mit den menschlichen Faktoren der Führung versöhnen.

Die Erfindung der Ökonomie

Als Odysseus seine Sorgen um die Hauswirtschaft während des Krieges äußerte, sahen die Spartaner ihn ungläubig an. Menelaos spottete: "Hast Du Deinen Hof und Dein Königreich nicht im Griff? Jeder Mann muss seine Pflicht im Kriege erfüllen und dazu bedarf es eben einer sauberen Organisation während der Abwesenheit." Mentor antwortete, dass alles sehr wohl organisiert sei. Die Organisation der Hauswirtschaft würde nach den Grundsätzen des gelehrten Xenophon, die er in dem Papyrus „Oikonomikos“ niedergeschrieben hatte, erfolgen. Xenophon habe nicht weniger als eine neue Betriebswirtschaft als Keimzelle der Wirtschaft erfunden. Der Text, so sagte Mentor, sei Wissensgrundlage für alle Themen rund um den Haushalt. Alles zusammen genommen, würde Oikonomikos zu einer guten und erfolgreichen Zusammenarbeit aller Mitglieder des Haushaltes führen. Die sachlichen Notwendigkeiten und die menschlichen Aspekte würden miteinander versöhnt, damit der Ertrag gesichert wird und gleichzeitig eine hohe Zufriedenheit aller zusammen arbeitender Menschen erreicht wird.

Die Ineffizienz der Soziologie

"Nun", sagte Menelaos, "ich weiß, dass Ihr sogar mit allen Mitgliedern des Hauses an einem Tische sitzt und speist. Aber damit kannst Du nichts erreichen. Schon seit Jahrhunderten wird über das Zusammenspiel der Menschen und die Rollen in der Gesellschaft diskutiert. Lass mich diesen Aspekt als Soziologik bezeichnen. Die Soziologik beschäftigt sich mit den Emotionen im Haushalt und ist so gesehen das Gegenteil der eigentlichen Logik. Dort, wo Menschliches und Emotionales überwiegt, wird es niemals gerecht und effizient zugehen. Es wird geredet und gestritten, und der Ertrag leidet unter den nicht enden wollenden Diskussionen. Wir sollten also rein sachlich vorgehen und den Menschen und die Emotionen nicht weiter betrachten. Es geht um Logik und nicht um Soziologik."

Die Unterschiede von Führung und Management

Die Diskussion um gute Führung und klassisches Management wird also schon seit Jahrhunderten geführt. Im Laufe der Zeit sind unendlich viele Aspekte zusammengetragen worden, die der Definition der unterschiedlichen Ansätze dienen sollen. Doch mit immer länger werdenden Listen wird der grundlegende Unterschied immer mehr vernebelt. Hier die Lösung: Das wissenschaftliche Management ist auf das System und die Aufgabe fixiert und verlangt eine reine Sachorientierung. Es geht um klare Ziele, vorausschauende Planung und gute Organisation. Alles im Management ist emotionslos und erhebt den Anspruch einer besonderen Logik. Management ist ein methodisch instrumenteller Ansatz.

Mentor, Odysseus und Xenophon war klar, dass die Führung des Haushaltes, die wir heute Betriebswirtschaft nennen, die sachlichen Notwendigkeiten mit den menschlichen Aspekten verbinden muss.


Die gute Führung erkennt an, dass neben der reinen Sachlogik auch weitere menschliche Fähigkeiten einzubeziehen sind. So lässt man in der Führung auch das Gespür für die Sache zu. Ebenso werden psychologische und soziologische Faktoren berücksichtigt. Es geht bei der Führung ganz schlicht darum, die Menschen für eine Sache zu gewinnen. Dazu muss die Sache an sich exzellent und die Ansprache der Menschen klar und gut sein.

Das moderne Missverständnis von Führung

Mentor, Odysseus und Xenophon war klar, dass die Führung des Haushaltes, die wir heute Betriebswirtschaft nennen, die sachlichen Notwendigkeiten mit den menschlichen Aspekten verbinden muss. Es ist eine holistische Sichtweise auf die Dinge, die zu tun sind und die auftretenden sozialen und psychologischen Aspekte.
Heute wird Führung viel zu einseitig mit psychologischen Aspekten gleichgesetzt. Die modernen Themen ranken sich um die Motivation, das Selbst und das Verhalten der Führung. Die sachlichen Aspekte finden in der Diskussion um Führung nicht mehr statt. Aus einer holistischen Sicht ist eine Teilsicht geworden, die das Ganze nicht mehr erklärten kann.

Heute wird Führung viel zu einseitig mit psychologischen Aspekten gleichgesetzt. Die sachlichen Aspekte finden in der Diskussion um Führung nicht mehr statt.

So treffen also heute die beiden Sichtweisen von Management und Führung unversöhnlich aufeinander. Sachorientierung und Menschorientierung haben jeweils ihre Anhänger, und jeder beansprucht für sich die alleinige Deutungshoheit. Der von vermeintlicher Logik durchdrungene wissenschaftlich gebildete Manager schaut mit seiner Sachorientierung verwundert auf die Argumentationslinien der Führung und fragt sich, warum seine dringenden Anliegen nicht behandelt werden. Diejenigen, die sich mit Führung auseinandersetzen, und in den wenigsten Fällen auch tatsächlich Führungskräfte sind, betrachten verwundert die sachlogischen Beiträge des Management und verstehen nicht, wo der Mensch dabei bleibt. Eine gemeinsame Perspektive bekommt keine der beiden Parteien hin. Alle haben aber die Gemeinsamkeit, sich über das Unverständnis der jeweils anderen Seite zu ereifern.

Die Führung durch Rückbesinnung

Wer Zukunft gestalten will, muss die sachlogischen Aspekte des Management mit den menschlichen Faktoren der Führung versöhnen. Es geht darum, in der Sache klar und gegenüber den Mitarbeitern und Geschäftspartner überzeugend zu sein. Man sollte nicht wie im Management die Pflichterfüllung als einzigen Antrieb der Aufgabenerfüllung ansehen. Man sollte aber auch nicht einseitig auf Empathie und soziale Aspekte setzen, wenn gar nicht klar ist, um was es eigentlich geht.

Es geht bei der Führung ganz schlicht darum, die Menschen für eine Sache zu gewinnen. Dazu muss die Sache an sich exzellent und die Ansprache der Menschen klar und gut sein.

Die Unternehmen und die Menschen können frei entscheiden, ob Sie ein striktes Management auf der Basis der Pflichterfüllung wie in Sparta für richtig erachten. Sie können aber ebenso entscheiden, dass sie eine gute Führung wie unser Held Odysseus realisieren wollen. Es ist der Vorzug der freien Gesellschaften, hier eine Auswahl zuzulassen.