Podcast Trafostation Bildung

Wir brauchen Liebe zur Weisheit

Podcast Was sollen Kinder in der Schule lernen? Daran scheiden sich die Geister. Warum richtige Bildung zu Selbstbestimmung, Neugierde und Austausch anregt, darüber sprechen Wolf Lotter und Christoph Pause im siebten Streich des Podcast „Trafostation“.

Foto: Severine Guthier/Haufe Group
Foto: Severine Guthier/Haufe Group

Die Schulglocke, die den Unterrichtsbeginn einläutet. Die erhobene Hand, die zum Sprechen berechtigt. Das Auswendiglernen von Vokabeln. Vieles hat sich in der Schule bis heute nicht verändert. Das Problem reicht laut Wolf Lotter weit zurück: Bildung sei nämlich in der Industriegesellschaft steckengeblieben. „Im 19. Jahrhundert kamen Schulen auf, die nicht die Talente und Fähigkeiten von Menschen fördern und zur Entfaltung bringen, sondern die Kinder und Jugendliche zum Mitmachen und Parieren abrichten sollten“, erklärt er. Ob für den Dienst im Militär, die Arbeit am Gutshof oder in der Fabrik. Bildung war Zwang.

Im 19. Jahrhundert kamen Schulen auf, die nicht die Talente und Fähigkeiten von Menschen fördern und zur Entfaltung bringen, sondern die Kinder und Jugendliche zum Mitmachen und Parieren abrichten sollten.

Selbstbestimmung statt Abrichtung

Das geht auch anders. Schon der große Humanist Alexander von Humboldt verstand Bildung als Entwicklungsschule für die eigenen persönlichen Fähigkeiten und Talente. Lesen, Schreiben und Rechnen würden eigentlich für alle genügen. Solange man vorher erfährt, wozu und für wen man lernt: Nämlich für einen selbst, für ein erfülltes Leben. Am Ende sollten keine braven und abgerichteten Erwachsenen, keine formbaren und ersetzbaren Maschinen herauskommen, sondern selbstbestimmte Bürger.

Was soll Bildung also vermitteln? Jedenfalls nicht nur oberflächlich nützliche und sofort umsetzbare Dinge, das habe man laut Lotter im 19. Jahrhundert besser gewusst und stärker diskutiert als heute. Ablesen lässt sich diese Haltung beispielsweise in Wilhelm Buschs Bildergeschichte „Max und Moritz“:

Also lautet ein Beschluß:
Daß der Mensch was lernen muß.
Nicht allein das A-B-C
Bringt den Menschen in die Höh;
Nicht allein in Schreiben, Lesen
Übt sich ein vernünftig Wesen;
Nicht allein in Rechnungssachen
Soll der Mensch sich Mühe machen;
Sondern auch der Weisheit Lehren
Muß man mit Vergnügen hören.

Neue Bildung braucht eine Liebe zur Weisheit, eine lebenspraktische Philosophie, fordert Lotter. Neugierig sein, etwas wissen wollen, kritisch zweifeln und nach Antworten suchen. Bildung ist dann nicht mehr ein Besitzstand. Nichts, was man durch Zeugnisse und Noten verteidigt, sondern ein Werkzeug, womit man weiterlernen kann. Ein Seil, das uns immer weiter in die Zukunft führt. „Die Wissensgesellschaft heißt so, weil Wissen ihre wichtigste Ressource ist“, betont der Publizist.

Von Bildung, die Neugierde weckt

Über das Wissen sagte der Schweizer Innovationsforscher Gilbert Probst, dass es die einzige Ressource sei, die sich durch Teilen vermehrt. Dem schließt sich Lotter an. Bildung bedeute schließlich auch, etwas mit anderen zu tun: „In der Transformation sind wir alle Lernende und Lehrende zugleich. Meister und Schüler.“ Die richtige Bildung regt uns also zur Neugierde und zum Weiterdenken an. Vor allem aber müsse sie zu uns selbst führen. Dann hätten alles etwas davon. Die wichtigste Bildungseinrichtung, die bedeutendste und höchste Schule, das seien wir selbst. Und diese Lektion müssten wir noch lernen.

In der Transformation sind alle Lernende und Lehrende zugleich. Meister und Schüler.

Weitere Themen: Wo in der Schule die Innovationsfähigkeit liegen bleibt, warum uns weder Latein noch Coden allein nach vorne bringen und wie wir die Bildung aus der Schublade herausbekommen.