New Work Selbstorganisation

Leadership on demand

Analyse Im utopischen Unternehmen Stärkande entscheiden Mitarbeitende selber, ob sie geführt werden möchten oder nicht. In jedem Fall führen alle, denn Führung ist wechselseitig. Weshalb es nicht nur ein Führungsleitbild, sondern auch ein ein Mitarbeitendenleitbild gibt. Eine Fiktion von Carsten C. Schermuly.

Foto: Shubham Dhage on Unsplash
Foto: Shubham Dhage on Unsplash

New Work ist mehr als wir denken

Stärkande ist eine Utopie. Wie jede Utopie ist Stärkande Fiktion. Doch sind Utopien alternative Realitäten. Was wäre, wenn alles was ist, anders ist, anders werden würde, anders gewesen sein könnte? Das Sujet der Utopie wurde von Thomas Morus begründet. Er träumte im ausgehenden Mittelalter im englischen Königreich von einer alternativen Gesellschaftsform und wurde im Jahr 1535 als Hochverräter geköpft. Ich träume im 21. Jahrhundert von einer alternativen Organisation und dem alternativen Organisieren von Arbeit. Die Utopie ist ein Gedankenexperiment, aber sie ist auch Kritik an der bestehenden Realität. Mit Stärkande kritisiere ich vor allem das reduzierte Verständnis von New Work in deutschen Unternehmen. New Work kann, New Work muss so viel mehr sein als Homeoffice, um die Gegenwart und Zukunft bewältigen zu können.

Stärkande
Das fiktive Unternehmen Stärkande wurde 1999 in Wiesbaden gegründet. In meiner Utopie hat das Unternehmen 1160 Mitarbeitende. Die Stärkanderinnen organisieren ihre Zusammenarbeit mit sogenannten Axiomen, elementaren Grundsätzen/ Prinzipien der Zusammenarbeit. 

Führung, wenn gewünscht

In diesem Artikel möchte ich Ihnen ein weiteres der 22 Axiome der Stärkanderinnen vorstellen. Die Führungskräfte der Stärkanderinnen werden nach dem Leadership on Demand-Axiom eingesetzt. Entscheidet ein Kreis von Mitarbeitenden, dass er geführt werden möchte, dann arbeiten die Führungskräfte mit dem empowermentorientierten Führungsstil. Dieser Führungsstil ist gut erforscht und passt wunderbar zu den Stärkanderinnnen, die einen besonderen Wert auf das psychologische Empowerment ihrer Mitarbeitenden legen.

New Work Utopia
Was kann, was sollte New Work sein? Carsten C. Schermuly entwirft die Utopie eines demokratischen, partizipativen und gerade deshalb erfolgreichen Unternehmens. Das Buch erscheint am 1. Mai.
Mehr zum Buch

Der empowermentorientierte Führungsstil besteht aus sechs Facetten, die im Führungsleitbild der Stärkanderinnen verankert sind. Die Stärkanderinnen führen sinnstiftend (Sinnstiftung) und berücksichtigen ihre Mitarbeitenden individuell. Das bedeutet, dass die Führungskräfte als Coach gegenüber ihren Mitarbeitenden auftreten. Weiterhin lassen sie ihren Mitarbeitenden bei wichtigen Aufgaben und Entscheidungen partizipieren (Beteiligerin) und ermächtigen die Mitarbeitenden (Ermächtigerin). Die Führungskräfte handeln als Makromanager und nicht als Mikromanager und gewähren den Stärkanderinnen Einfluss. Die letzten beiden Rollen sind die als Personalentwicklerin und Vorbild. Die Führungskräfte helfen den Stärkanderinnen, besser zu werden, sogar besser als sie selbst sind. Ein Vorbild zu sein, bedeutet authentisch und aufrichtig zu handeln. Die Führungskräfte leben das vor, was sie von den Mitarbeitenden einfordern.

Führung geht in beide Richtungen

Doch Führung ist wechselseitig und Führung ist Beziehung. Führungskräfte beeinflussen mit ihrem Verhalten ihre Mitarbeitenden und Mitarbeitende beeinflussen mit ihrem Verhalten ihre Führungskräfte. So konnte eine Studie von Dirk van Dierendonck und Maria Dijkstra nachweisen, dass mehr empowermentorientierte Führung zu mehr psychologischem Empowerment führt, doch führt umgekehrt auch mehr Empowerment zu mehr empowermentorientierter Führung.

Führung ist eine gemeinsame Aufgabe von Führungskraft und Mitarbeiterin.

Mitarbeitende, die mehr Empowerment zeigen, werden auch eher empowermentorientiert geführt. Man kann sich als Mitarbeiterin bei Stärkande nicht einfach zurücklehnen und die Führungskräfte mal machen lassen. Führung ist eine gemeinsame Aufgabe von Führungskraft und Mitarbeiterin. Wenn ich als Stärkanderin Verantwortung übertragen bekomme, dann muss ich auch Verantwortung übernehmen und für Antworten sorgen. Ansonsten werde ich bei Stärkande nicht glücklich.

Deswegen gibt es hier nicht nur ein Führungs-, sondern auch ein Mitarbeitendenleitbild; es spiegelt die sechs Dimensionen des empowerment-orientierten Führungsstils. Konkret bedeutet das, dass nicht nur die Führungskräfte Pflichten beim Thema Führung haben, sondern auch die Mitarbeitenden, damit die Gemeinschaft bei Stärkande funktionieren kann.

Das Mitarbeitendenleitbild bei Stärkande

Rolle

Was tust du als Stärkanderin?

Sinnstifterin

Du lässt dir nicht nur den Sinn von Aufgaben erklären, sondern gehst aktiv auf die Suche danach. Du fragst nach dem „Warum“ und bemühst dich, darauf eigene Antworten zu finden.

Coach

Du kennst deine Führungskraft und interessierst dich dafür, wie es ihr geht. Du versuchst zu verstehen, warum sie ggf. eine andere Meinung hat und lehnst diese nicht grundlos ab.

Beteiligerin

Du informierst proaktiv deine Führungskraft über alles Wichtige, was deine und ihre Arbeit betrifft. Bei wichtigen Entscheidungen holst du dir Rat von ihr.

Selbster-mächtigerin & Verantwortungs-übernahme

Du übernimmst Verantwortung für dich und andere. Verantwortung bedeutet, Antworten zu erarbeiten. Dabei handelst du proaktiv. Du wartest nicht, bis Probleme aufgetreten sind, sondern du planst und handelst vorausschauend.

Selbst-entwicklerin

Du übernimmst Verantwortung für deine Stärken, aber auch für deine Entwicklungsfelder. Du klärst, was du kannst und was nicht. Du reflektierst im Alltag darüber, in welchen Kompetenzen du dich noch verbessern kannst und suchst nach Wegen, Stärken zu stärken und Entwicklungsfelder zu verbessern.

Vorbild

Du handelst genauso aufrichtig wie die Führungskräfte. Du lebst das vor, was du von deinen Führungskräften einforderst. Du setzt hohe Standards an das eigene Verhalten und hältst diese auch ein.