Lotters New Management

Die verdammte Pflicht

Kommentar Das Wort Pflicht hat einen schlechten Klang. Das kommt nicht von ungefähr. Und dennoch: Ohne Pflichten gibt es auch keine Rechte, meint Wolf Lotter. Nur tun, was uns gefällt, führt auch nicht weiter.

Pflicht, das war die längste Zeit etwas, wozu man gezwungen wurde oder gezwungen war. Das Reich der Notwendigkeiten hat Karl Marx das einmal genannt. In diesem Reich sagen die da oben, die Gutsherren, die Fabrikdirektoren, die Kirche, der Staat, die Bürokratie und die Militärs denen da unten, die sie früher, noch halbwegs ehrlich, schlicht als ihre Untertanen und Leibeigenen bezeichneten, was deren Pflicht ist. Für sie arbeiten, schuften, machen, tun. Heute sagt das keiner mehr, die Sklaverei ist abgeschafft, heute haben wir Mitarbeitende. (...)

Das alte Wort Pflicht hat zwei Bedeutungen. Das muss man wissen. Pflicht ist dabei, erstens, was getan werden muss. Und zweitens das, was von einem erwartet wird. Mag sein, dass der Unterschied vielen nicht gleich ins Auge springt. Aber er ist gewaltig. Was andere von uns erwarten – das klingt viel netter als das „Getan werden müssen“ im ersten Teil der Definition. Die Frage ist nur, ob das auch stimmt und uns in Zeiten wie diesen weiterführt. Denn die Gemeinschaftsformel – das, was andere von uns erwarten – läuft letztlich drauf hinaus, dass wir tun, was andere wollen. Tun, was unsere Pflicht ist, ist dann das, was andere uns auferlegen. (...)

Von Pflicht und Selbstverpflichtung

Wer aber ganz auf die Pflicht von außen pfeift, verliert. Vielleicht nicht sofort, dafür aber umso gründlicher. Es ist nämlich doch komplizierter mit dem Müssen und dem Wollen, mit der Fremd- und mit der Selbstverpflichtung. Reden wir also von Rechten, den Gegenstücken der Pflichten. Rechte sind der andere Teil des Deals. Die Aufklärer wussten das, weshalb es ihnen auch so wichtig war, die Willkür und Unverbindlichkeit der alten Zwangsverpflichtung, bei der der Stärkere die Schwächeren nach Belieben unterjochen konnte, durch klare Regeln, Rechte, Verträge zu ersetzen, die auf Gegenseitigkeit beruhen.

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