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Manipulatoren sind miserable Führungskräfte

Führung, die Führung ernst nimmt und die Menschen, die sie führt – das ist das Ideal. Tatsächlich aber bestimmen emotionale Manipulation und Tricks viele Teams und Organisationen. Zum Schaden aller, meint Wolf Lotter.

"Wir sind doch ein Team"

Alle reden vom Guten und Richtigen. Aber meinen die auch, was sie sagen? Diese Frage ist, wie jede und jeder weiß, sehr berechtigt. So wie das Marketing für Waren und Dienstleistungen die eigenen Vorzüge in den Himmel lobt und die stets auch vorhandenen Nachteile erst gar nicht in den Mund nimmt, neigen heute viele Führungskräfte dazu, sich selbst als Speerspitze einer humanen Transformation in den Unternehmen darzustellen. Man duzt sich, sitzt „auf Augenhöhe“ zusammen und ist immer und überall „ein Team“, eine „Gemeinschaft, die zusammensteht“.

Ober sticht Unter. Aber bitte mit Stil

Das klingt erstmal erfreulich. Denn die längste Zeit in der Geschichte von Führung und Macht war es deutlich anders. Da gab es die harten Anführer, die mit roher Gewalt ihre Macht ausübten, drohten und ihre Untertanen, die man später „unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ nannte, unter Druck setzten, damit sie parierten. Bevor in der Industriegesellschaft die moderne Arbeitsorganisation entstand, konnte man da auch schon mal einen Kopf kürzer gemacht werden, wenn man nicht tat, was die Anführer befahlen – und es gibt bis heute noch reichlich Staaten auf dieser Welt, wo es genau so läuft, jeden Tag, Stunde um Stunde, Kopf und Kopf.

So wie das Marketing für Waren und Dienstleistungen die eigenen Vorzüge in den Himmel lobt und die stets auch vorhandenen Nachteile erst gar nicht in den Mund nimmt, neigen heute viele Führungskräfte dazu, sich selbst als Speerspitze einer humanen Transformation in den Unternehmen darzustellen.

Dann kam die Phase, in der klar wurde, dass Ober zwar weiterhin Unter sticht. Aber mit Stil, bitte. Das war die Phase des klassischen Managements, das sich auf der einen Seite in der Betriebswirtschaft die Methoden zur Betriebsführung holte und in der Arbeits- und Sozialpsychologie die Trickkisten zur „smarten Führung“ bestellte. Mit anderen Worten: zur Manipulation der Leute, mit denen man arbeitete.

Wer Freundlichkeit vortäuscht, während er seine eigenen egoistischen Motive verfolgt, der gewinnt fast immer. Das ist pure Manipulation. Und das hat eben nichts mit den romantischen Bildern von Kooperation zu tun, die bis heute überall verbreitet werden. Wo es um immaterielle Belohnungen geht – sagen wir es ruhig offen – darum, geliebt zu werden vom Chef und anerkannt und respektiert, dort wird die Welt der Organisation und der Arbeit nicht besser, im Gegenteil.

Manipulatoren sind miserable Führungskräfte. Vielleicht retten sie kurzfristig ihren Job. Aber sie verlieren gerade die schlauen und wirklich smarten Leute rasch, die sich nicht für dumm verkaufen lassen.

Natürlich: Es ist nichts so fein gesponnen – irgendwann zerreißt das Spinnennetz im Land des Dauerlächelns und die Wirklichkeit zeigt sich. Wo Führung und Zusammenarbeit auf dieser Form von Manipulation beruhen, ist die Fallhöhe aber deutlich größer als in der alten Welt. In der wusste man: Der Alte ist autoritär, komm, lass ihn. Täuschung aber, auch das zeigt uns die Sozialforschung klar, wird weitaus mehr übelgenommen als eine offene autoritäre Art.
 
Die Moral der Geschichte? Manipulatoren sind miserable Führungskräfte. Vielleicht retten sie kurzfristig ihren Job. Aber sie verlieren gerade die schlauen und wirklich smarten Leute rasch, die sich nicht für dumm verkaufen lassen. Genau das haben die Manipulantinnen ja vor. Und ihre potenziellen oder wirklichen Opfer sorgen nach der Kündigung dafür, dass der Rest der Welt auch erfährt, wie X und Y tricksen und täuschen. Der Schaden ist immens. Nachhaltig sieht anders aus.

Aus enttäuschter Liebe wird Hass

Gutes Leadership unterstützt, trickst nicht, lügt nicht und gibt nicht vor, der Kumpel der Mitarbeitenden zu sein, wenn es dabei nur um instrumentelle Wahrnehmung geht. Dann schon lieber jene Formalitäten und Regeln, die auf Distanz und Respekt bauen. Gerade dort, wo es um persönliche Anerkennung geht, wird aus enttäuschter Liebe Hass.

Den kompletten Essay von Wolf Lotter gibt es exklusiv für Abonnent:innen des Newsletters "Lotters New Management".