Business Transformation Selbstorganisation

Führung ist nichts für Schönwetter-Fußballer

Kommentar Welche konkreten Probleme der Mitarbeitenden löse ich? Diese Frage sollten sich Führungskräfte regelmäßig stellen, meint Oliver Sowa. Und dann alles dafür tun, Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Damit die Menschen wirksam und produktiv arbeiten können.

Foto: Marcel Strauß auf Unsplash
Foto: Marcel Strauß auf Unsplash

Alleskönner und Besserwisser ersticken die Selbstwirksamkeit

Die Führungskraft, die über den Beschäftigten steht, zu der Mitarbeitende des Teams hochachtungsvoll und nicht selten ein bisschen ängstlich aufsehen und deren Wort immer zählt – Widerspruch zwecklos. Solche Typen, die auf jede Frage eine Antwort haben und allen sagen, wo es lang geht: eine sehr effektive Einstellung, um die Selbstwirksamkeit der Beschäftigten im Keim zu ersticken.

Das permanente „Von oben nach unten“-Delegieren empfinde ich als echtes Horrorszenario, weil es dem Unternehmen Schäden in Größenordnungen zufügt. Und doch lässt es sich immer wieder beobachten: Führungskräfte – unabhängig von Alter und Geschlecht – verharren in Klischees, die seit jeher fehl am Platz sind. Sie verfallen dem Irrglauben, dass sie sich nur mithilfe eines strengen Regiments Respekt verschaffen können, horizontale Zusammenarbeit nicht funktioniert, man erwachsene Menschen wie Kinder irgendwo abholen muss und ihre eigene Meinung das stärkste Gewicht hat. Tief in ihnen hat sich der Glaube verwurzelt, selbst der Schlüssel zum Erfolg zu sein, häufig gepaart mit einem ausgeprägten Kontrollwahn, dessen Ursache meist fehlendes Vertrauen in sich selbst ist. Dass sie dieses Selbstbild leben, ist ihnen oftmals gar nicht klar. Auch die Entscheidung, hoch qualifizierte Mitarbeitende nicht ernst zu nehmen und deren Know-how infrage zu stellen, treffen sie in der Regel nicht bewusst. Und genau das ist die Wurzel des Problems.

Fähigkeit zur Selbstreflexion

Zu den wichtigsten Eigenschaften einer Führungskraft zählt die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Um andere Menschen gut führen zu können, muss man sich als Chef selbst führen können und über die eigenen Vorurteile und Schwachstellen Bescheid wissen. Immer wieder ist der Blick in den Spiegel nötig, um zu erkennen: Verhältnisse verursachen Verhalten. Alles, was ich tue, wirkt sich darauf aus, wie Mitarbeitende reagieren und agieren.

Führungskräfte sind gut beraten, sich immer wieder mit der Frage zu beschäftigen: Wofür genau bin ich eigentlich die Lösung?

Wenn etwas schiefläuft, liegt es in der Regel nicht an mangelnder Fachkompetenz oder dem Unwillen der Menschen, gute Arbeit zu leisten. Viel wahrscheinlicher ist es, dass die Beschäftigten durch die institutionellen Rahmenbedingungen daran gehindert werden, ihre Fähigkeiten abzurufen – weil beispielsweise die eigene Führungskraft nicht zulässt, dass sie selbstverantwortlich Entscheidungen treffen und jeden Arbeitsschritt kontrolliert.

Führungskräfte sind gut beraten, sich immer wieder mit der Frage zu beschäftigen: Was ist mein Anteil am Problem? Oder auch: Wofür genau bin ich eigentlich die Lösung? Diese Fragen können wehtun. Genau deshalb ist Führung nichts für Feiglinge und Schönwetter-Fußballer. Doch wer nach ehrlichen Antworten sucht, wird zwangsläufig erkennen, dass die Führungskraft als Kontrolleur aus der Zeit gefallen ist. Eine Führungskraft bringt dem Team und dem Unternehmen nur dann einen Nutzen, wenn sie genau zuhört, mögliche Probleme ursächlich erkennt, demotivierende Faktoren radikal abschafft und den Menschen so das gemeinsame Tun ermöglicht. Das wird sich unmittelbar auf alle weiteren Aspekte des Unternehmens auswirken. Beschäftigte, die Selbstwirksamkeit erfahren, sind deutlich zufriedener. Zudem generieren sie den entscheidenden Mehrwert zum Kunden hin, weil sie in der Lage sind, schnelle Lösungen zu produzieren. Der Zusammenhang mit der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens liegt auf der Hand.

Wer Menschen insgeheim misstraut, Mitarbeitende als Mittel zum Zweck betrachtet und glaubt, die Arbeit selber besser ausführen zu können, wird scheitern.

Mitarbeitenden das Tun zu ermöglichen, funktioniert jedoch nur mit der richtigen Einstellung. Wer Menschen insgeheim misstraut, Mitarbeitende als Mittel zum Zweck betrachtet und glaubt, die Arbeit selber besser ausführen zu können, wird scheitern. Denn dann wird die Führungskraft versuchen, an der Person herumzuschrauben, um sie anzutreiben und besser zu machen. Wer Mitarbeiter jedoch als erwachsene Menschen ansieht und auch so behandelt, legt den Grundstein für alles weitere. Das eigene Menschenbild, das Vertrauen in sich selbst und sich verletzbar zu machen, sind somit die entscheidende Basis.