New Work Selbstorganisation

Führen wie Fix und Foxy

Kommentar Die Welt des neuen Managements ist voller hochtrabender Begriffe und gut gemeinter Ratschläge. Was davon aber bewährt sich im harten Alltag eines Interim- und Turnaroundmanagers? Dr. Bodo Antonic gibt Antworten. Diesmal: „Leadership“.

Was die Führungskraft wirklich braucht, ist eine Strategie. Meint Bodo Antonic.
Was die Führungskraft wirklich braucht, ist eine Strategie. Meint Bodo Antonic.

Worin besteht Leadership?

Da schwirren einem die Ohren: Servant Leadership, Digital Leadership, Thought Leadership, Collective Leadership, Shared Leadership, Distributed Leadership, Cohesive Leadership, Enabling Leadership … und Achtung, ab jetzt dichte ich: Fuzzy Leadership, Funky Leadership, Furious Leadership, Fix and Foxy Leadership. Um einfach mal paar F’s zu bedienen.

Nein, ich habe aufgehört, da am Ball zu bleiben, Theorien und Modelle zu studieren. Ich führe tagaus, tagein. Und mache mir so meine Gedanken, worin Leadership besteht und was dabei wirkt. Darauf und auf sonst nichts möchte ich heute eingehen.

Was die Führungskraft wirklich braucht, ist eine Strategie. Und wenn die von irgendeinem Nutzen sein soll, dann folgt aus ihr ein Plan.

Denn in der Tat: Leadership, nennen wir es mal Führungskraft, entscheidet darüber, ob ich in meinen Interim- und Turnaroundeinsätzen in begrenzter Zeit, bei limitiertem Einblick und unter Ergebnisdruck die Wende zum Besseren hinkriege. In diesen Einsätzen merke ich jeden Tag, dass die Dinge komplizierter sind als es uns Storyteller, Theoretiker und Modellbauer in der Wunderwelt der Leadershipdebatte vermitteln.

Persönlichkeit zählt, nicht Stil oder Trend

Darum: Bei Führungskraft geht es erst einmal um Personen und nicht um Stil, Kompetenz oder Technik. Ist da jemand, der überzeugt, integer ist, zugänglich, entscheidungsstark und tatkräftig? Jemand, der vorangeht, damit andere folgen können? Wenn nein, erübrigt sich alles weitere.

Erst dann geht es um Verhalten. Und das muss angemessen sein – und zwar der Situation, in der Führungskräfte Gefolgschaft gewinnen müssen. Mehr nicht. Aber das ist schon eine ganze Menge. Und es ist vor allem nicht über Stil- und Trendbetrachtungen oder normative Vorstellungen („so muss das sein, so geht das“) zu lösen.

Bei Führungskraft geht es erst einmal um Personen und nicht um Stil, Kompetenz oder Technik.

Gerade in dieser Hinsicht nervt mich so manche Debatte, die wir da gerade führen. Hier drei Beispiele.

Drei unnütze Führungsdebatten

Beispiel eins: Das Gerede davon, dass Führungskräfte ganz von ihrer Sozialkompetenz zehren und Fachkompetenz für ihren Job immer unerheblicher ist. Wo um aller Welt leben diese Menschen, die das sagen? Ich kenne nur zu gut das Gefühl, wenn ich neu im Unternehmen bin und von Tuten und Blasen keine Ahnung habe. Gelingt es mir da nicht schnell, auch in der Beurteilung fachlicher und branchentypischer Fragen zu überzeugen, bin ich weg vom Fenster.

Beispiel zwei: Führungskräfte müssen zuhören, moderieren, coachen, vergemeinschaften. Na klar müssen sie das! Aber wenn es dabei bleibt, täte es der Kollege von der sozialpsychologischen Beratungsstelle in der Rolle auch. Führungskräfte müssen, verdammt noch mal, auch (oft Unangenehmes) entscheiden, die Richtung vorgeben, die Verantwortung für alles Mögliche übernehmen und Ansagen machen.

Das ist gerade in meinem Job entscheidend. Ich bin sehr oft im Kontext der Verunsicherung unterwegs. Da regiert der Stress und die Menschen verlieren den Kopf. Da muss ich die Richtung vorgeben, aber auch den Ruhepol bilden. Da bin ich, gelinde gesagt, direktoral unterwegs und erziele Erfolg damit.

Eine Zukunft, die wir gemeinsam gestalten, sollten wir auch gemeinsam erkunden.

Beispiel drei: Führungskräfte müssen in großen, ganz großen Linien denken und ja nicht mikromanagen. Oder gepflegter ausgedrückt: Führungskräfte sind Leader und keine Manager. Sie haben Visionen, brauchen aber keinen Plan. Hallo? Sollten wir diese planlosen Leader mit ihren Visionen nicht lieber zum Nervenarzt schicken?

Klar braucht es eine Vorstellung von der Zukunft. Aber warum sollte gerade die jetzt exklusiv im Kopf der Führungskraft entstehen? Da ergeben alle Tugenden des Zuhörens, Moderierens, Vergemeinschaftens, die ich mir oben erlaubt habe differenziert zu sehen, für Führungskräfte zur Abwechslung mal Sinn. Eine Zukunft, die wir gemeinsam gestalten, sollten wir auch gemeinsam erkunden.

An der Nase herumführen ist nicht führen

Was die Führungskraft wirklich braucht, ist eine Strategie. Und wenn die von irgendeinem Nutzen sein soll, dann folgt aus ihr ein Plan. Dieser muss überwacht und gemanagt werden. Sonst ist meine Zeit an diesem Einsatzort abgelaufen und alle erfreuen sich an den leuchtenden Bildern der Zukunft, die das Elend der Gegenwart (die ich verändern sollte) übertünchen. Dafür wurde ich nicht geholt, und damit hätte ich Auftraggeber und Belegschaft allenfalls an der Nase herumgeführt.

Leadership ist Reden und auch Machen. Leadership ist Persönlichkeit und Verhalten.

Nein, Leadership ist Reden und auch Machen. Leadership ist Persönlichkeit und Verhalten. Leadership ist immer dann, wenn andere spüren, da lohnt es einer oder einem zu folgen. Und Leadership ist, wenn alle unterwegs merken, dass sie Kurs und Orientierung haben. Damit ist eigentlich alles gesagt.