Business Transformation Innovation

Beidhändige Innovation in vernetzten Einheiten

Analyse Den Bestand erfolgreich in die Zukunft führen und gleichzeitig neues auf den Markt bringen: Darum geht es in ambidextren Organisationen. Entscheidend sind geeignete formelle und informelle organisatorische Schnittstellen zwischen den beiden Welten – und der Außenwelt.

Das Neue zum Fliegen bringen. Foto: Getty Images
Das Neue zum Fliegen bringen. Foto: Getty Images

Vernetzt-ambidextre Innovationseinheiten

Etablierte Unternehmen betreiben Innovation bestenfalls, um daraus neue Wettbewerbsvorteile für zukünftiges Wachstum zu generieren. Dies stellt die Unternehmen jedoch vor große Herausforderungen. Denn sie können sich nicht wie ein Start-up rein auf die Entwicklung und Skalierung der neuen Wettbewerbsvorteile fokussieren. Stattdessen müssen sie auch ihr laufendes, und bestenfalls profitables, Kerngeschäft weiter ausnutzen und optimieren. Um kontinuierliche strategische Erneuerung zu ermöglichen, muss die sogenannte „Exploration“ neuer Geschäftsmöglichkeiten entsprechend mit der sogenannten „Exploitation“ des bestehenden Kerngeschäfts zusammengebracht werden. Dann können Unternehmen bestenfalls beidhändig agieren und bestehende Wettbewerbsvorteile aus dem Kerngeschäft für die Entwicklung neuer Wettbewerbsvorteile durch Innovation ausnutzen.

Explorative und exploitative Aktivitäten haben diametral gegensätzliche Eigenschaften. Exploration benötigt Flexibilität, Autonomie und kontinuierliche Anpassung während Exploitation auf effizienten Prozessen, Strukturen und Routinen baut.

Diese Fähigkeit der beidhändigen Balance aus Exploration und Exploitation wird in der Innovationsforschung als „Ambidextrie“ bezeichnet. Doch wie meistens ist die Praxis nicht so einfach umzusetzen wie die Theorie. Denn explorative und exploitative Aktivitäten haben diametral gegensätzliche Eigenschaften. Exploration benötigt Flexibilität, Autonomie und kontinuierliche Anpassung während Exploitation auf effizienten Prozessen, Strukturen und Routinen baut (siehe Abbildung 1).

Ambidextrie
Ambidextrie in der Übersicht

Zur Überwindung dieser Gegensätzlichkeit werden in der Praxis verschiedene Ansätze verfolgt, um Ambidextrie zu erreichen. Diese Ansätze folgen grundsätzlich entweder einer Trade-Off- oder Paradox-Sicht auf Ambidextrie.  Die Trade-Off-Perspektive versteht Exploration und Exploitation immer als zwei Enden eines Kontinuums und bedingt so eine strukturelle oder temporelle Trennung der beiden Aktivitäten, welche dann an anderer Stelle oder zu einem anderen Zeitpunkt wieder integriert werden müssen. Die Paradox-Perspektive versucht das gesamte Kontinuum zu bespielen, um Exploration und Exploitation gleichzeitig anzuwenden und miteinander zu kombinieren. Diese beiden Hauptphilosophien können jeweils für die Gesamtorganisation (bzw. alle Mitarbeitenden) oder für bestimmte Organisationseinheiten (Funktionen) angewandt werden. Entsprechend ergeben sich vier grundsätzliche Organisationsformen für Ambidextrie (siehe Abbildung 2).

Vier Organisationsformen der Ambidextrie
Die vier Organisationsformen der Ambidextrie

Als modernster Ansatz gilt hier die sog. prozessuale Ambidextrie, da diese die Kombination von Exploration und Exploitation in dedizierten Organisationseinheiten ermöglicht und somit einen systematischen Organisationsansatz zur Realisierung der paradoxen Sichtweise bietet. In diesem Ansatz werden dedizierte Innovationseinheiten eingesetzt, diese sind aber nicht komplett vom Kerngeschäft separiert, wie es bei der strukturellen Ambidextrie der Fall ist. Stattdessen sind sie als „vernetzte“ Einheiten mit der inneren Organisation und dem äußeren Ökosystem verbunden, um durch geeignete Prozesse und Methoden neue Opportunitäten mit bestehenden Wettbewerbsvorteilen zu verknüpfen. Diesem Ansatz folgend zeigt der folgende Beitrag, wie solche vernetzt-ambidextren Einheiten organisatorisch aufgebaut werden können, um strategische Innovation zu ermöglichen.

Formelle und informelle Schnittstellen der Innovationseinheit

Vernetzt-ambidextre Innovationseinheiten benötigen geeignete formelle und informelle organisatorische Schnittstellen. Formelle Schnittstellen sind alle Prozesse, Meetings oder Gremien, die zur Koordination dedizierter Themen definiert worden sind. So wird beispielsweise in übergreifenden Gremien das Innovationsportfolio besprochen, in regelmäßigen Sitzungen mit dem Management die Zielerreichung überprüft, oder die Zusammenarbeit mit externen Start-ups oder Forschungseinrichtungen in spezifischen Prozessen festgehalten.

Informelle Schnittstellen hingegen beziehen sich auf alle organisch oder zufällig gewachsenen sowie sonstigen unstrukturierten Beziehungen zwischen verschiedenen Personen in- und außerhalb der Organisation. Obwohl diese Kontakte ihrer Natur entsprechend nicht detailliert geplant werden können, kann dennoch ein Kontext geschaffen werden, in dem ein solches Netzwerk gefördert wird. Dies gelingt beispielsweise, wenn Gemeinschaftsbereiche zum Austausch im Büro (‘Watercooler’) eingerichtet werden, ‘Networking-Events’ veranstaltet werden, oder auch über Ökosystem-Building mit offiziellen ‘Multiplikatoren’ oder ‘Botschaftern’ für bestimmte Themen. Auch die Teilnahme an (externen) Events wie beispielsweise in der Start-up Branche oder von Forschungseinrichtungen kann langfristig entscheidend dazu beitragen, passende informelle Schnittstellen aufzubauen, wenn dort aktiv „genetzwerkt“ wird.

Vernetzt-ambidextre Innovationseinheiten benötigen geeignete formelle und informelle organisatorische Schnittstellen.

Solche formellen und informellen Schnittstellen sollten genutzt werden, um die Innovationseinheit sowohl vertikal mit dem Management und der Strategie, horizontal mit Geschäftseinheiten und operativen Funktionen im Kerngeschäft, sowie extern mit dem Ökosystem verknüpfen.

  1. Vertikale Schnittstellen mit Strategie / Top Management Team

Die vertikale Verknüpfung mit der Managementebene und strategischen Funktionen der Unternehmensentwicklung ist für strategische Innovationseinheiten qua Definition entscheidend. Denn diese Verbindungen ermöglichen erst die strategische Ausrichtung der Innovationsaktivitäten an Unternehmenszielen und die kontinuierliche Priorisierung des Innovationsportfolios zur optimalen Zielerreichung. So ist insbesondere der CEO dafür zuständig, grundsätzliche Ziele und Fokusfelder abzustimmen, an welchen sich auch die Innovationseinheit ausrichten sollte. Die Verbindung mit dem CFO kann dabei helfen, möglichst passende strategische Ziele als messbare Leistungskennzahlen (KPIs) zur Steuerung des Innovationsportfolios zu entwickeln. Der CTO ist gerade bei technischen, der COO bei produzierenden, oder der CMO bei handelnden Unternehmen inhaltlich in die Portfolioentwicklung involviert. Und gemeinsam mit CHRO können zukünftig benötigte Skills und Kompetenzen definiert und geplant werden.

Der CEO ist dafür zuständig, grundsätzliche Ziele und Fokusfelder abzustimmen, an welchen sich die Innovationseinheit ausrichten sollte.

Darüber hinaus hilft die kontinuierliche Abstimmung mit der Strategieabteilung der Unternehmensentwicklung dabei, das Innovationsportfolio im Zusammenspiel mit möglichen anderen strategischen (Wachstums-)initiativen optimal auszusteuern (oder bestenfalls sogar die Initiativen in einem übergreifenden Portfolio gemeinsam zu bewerten).

Diese Verbindungen sind dabei keine Einbahnstraße, denn die Erkenntnisse, Methoden und Kontakte aus dem Innovationseinheit können auch wichtige Impulse für das Management und die Strategie liefern, sodass deren gezielte Einbindung in entsprechende strategische Prozesse sichergestellt werden sollte!

  1. Horizontale Schnittstellen mit dem Kerngeschäft

Die horizontalen Schnittstellen der Innovationseinheit mit dem Kerngeschäft tragen entscheidend dazu bei, dass diese beidhändig agieren und bestehende Wettbewerbsvorteile für die Entwicklung neuer strategischer Lösungen nutzen kann. Durch formelle und informelle Schnittstellen mit Geschäftseinheiten und operativen Funktionen können neue Opportunitäten gezielt mit bestehenden Fähigkeiten im Kerngeschäft verknüpft werden. So können beispielsweise Mitarbeitende aus Geschäftseinheiten an Innovationsprojekten mitarbeiten, wenn diese in ihrem Themenbereich liegen.

Die horizontalen Schnittstellen der Innovationseinheit mit dem Kerngeschäft tragen entscheidend dazu bei, dass diese beidhändig agieren und bestehende Wettbewerbsvorteile für die Entwicklung neuer strategischer Lösungen nutzen kann.

Funktionen wie IT, Legal, oder Marketing können bei konkreter Definition und Validierung neuer Innovationen frühzeitig unterstützen, um die spätere Umsetzungsfähigkeit sicherzustellen. Und entscheidende Stakeholder aus dem Kerngeschäft können frühzeitig bei der Priorisierung des Innovationsportfolios eingebunden werden, um die spätere Umsetzung in der Organisation sicherzustellen.

Schnittstellen nach innen und außen

  1. Externe Schnittstellen mit dem Ökosystem

Im Sinne der Open Innovation ist es heutzutage für kein Unternehmen mehr ausreichend, nur innerhalb der eigenen Organisation nach neuen Ideen zu suchen und Entwicklungen voranzutreiben. Die technologischen Veränderungen sind zu schnell und die globalen Märkte zu komplex, um alle notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten für neue Opportunitäten immer im Hause zu haben. Daher müssen Innovationseinheiten zwingend über passende informelle und formelle Schnittstellen mit dem externen Ökosystem an Start-ups, Investoren, Forschungseinrichtungen, anderen Unternehmen, etc. eingebunden sein. Diese Verbindungen können sowohl dazu genutzt werden, neue Opportunitäten zu identifizieren, als auch diese mit passenden Experten zu bewerten oder Partner für die Entwicklung und Umsetzung zu gewinnen. Auch externe Dienstleister wie Beratungen, Freelancer, und Technologieunternehmen könne gezielt eingebunden werden, um neue Projekte zu initiieren oder voranzutreiben, ohne selbst zu viele fixe Ressourcen aufbauen zu müssen.

Unternehmen sollten also spezifische formelle wie informellen vertikale, horizontale und externe Schnittstellen definieren und etablieren, um eine gut vernetzt-ambidextre Innovationseinheit zu realisieren (siehe Abbildung 3).

Vernetzte Innovationseinheit
Vernetzte Innovationseinheit

Agile Organisation der Innovationseinheit

Neben der Vernetzung der Innovationseinheit ist auch deren innere Organisation entscheidend für erfolgreiche prozessuale Ambidextrie. Hier müssen passende Strukturen und Kompetenzen zur erfolgreichen Kombination von Exploration und Exploitation etabliert werden, welche die gezielte Entwicklung strategischer Innovationen ermöglichen. Dazu benötigt die Innovationseinheit einerseits eine hohe Unabhängigkeit, um neue Opportunitäten schnell zu identifizieren und zu adressieren und so im dynamischen Umfeld möglichst anpassungsfähig zu sein („Adaptability“.) Andererseits wird auch eine hohe Ausrichtung an den Zielen des Unternehmens benötigt, um das Innovationsportfolio stets effektiv zu steuern und die Ressourcen zielgerichtet zur Realisierung eines strategischen Wertbeitrags einzusetzen („Alignment“).

(Innovations-)Einheiten mit hoher Adaptability und hohem Alignment können auch als agile Organisationen bezeichnet werden und bringen die besten Voraussetzungen mit, um langfristig im Sinne eines Profitcenters eine hohe Leistung im Sinne eines zählbaren strategischen Wertbeitrags zu liefern. So zeigt beispielsweise eine Studie im renommierten Academy of Management Journal eine starke Korrelation zwischen hoher Agilität (Alignment x Adaptability) einerseits und hoher Leistung in Geschäftseinheiten bzw. „Profitcentern“ (siehe Abbildung 4).

Strategische Innovationseinheit
Die Strategische Innovationseinheit benötigt Anpassungsfähigkeit und Ausrichtung an den Unternehmenszielen gleichermaßen.

Grundlage für eine solche agile Organisation der strategischen Innovationseinheit sind selbstorganisierte Projektteams für die Innovationsentwicklung, welche untereinander vernetzt und crossfunktional sind. Diese Projektteams sollten sich aus einem Pool verfügbarer Projektmitarbeiter flexibel besetzen lassen, um eine dynamische Ressourcenanpassung zu ermöglichen. Entsprechend kann dieser Pool bestenfalls mit Mitarbeitenden aus der Innovationseinheit selbst, mit Experten aus Funktionen und Geschäftsbereichen des Kerngeschäfts, und ggf. auch mit externen Partnern und Dienstleistern gefüllt werden. Diese müssen nicht alle zu 100% immer verfügbar sein – ein gewisser „Organizational Slack“ im Sinne unverplanter Kapazität ist aber natürlich notwendig. Denn wenn alle benötigten Kompetenzen für ein Projekt zu 100 Prozent im Tagesgeschäft ausgelastet sind, wird es schwierig, ein wirkungsvolles Innovationsprojekt auf die Straße zu bringen. Entsprechend ist dies insbesondere wichtig einzuplanen, wenn Mitarbeitende aus dem Tagesgeschäft potenziell für Innovationsprojekte eingesetzt werden sollen.

Beispiel Spotify

Spotify ist dafür bekannt, in der Produktentwicklung eine sehr agile Organisation zu nutzen. Alle Tätigkeiten werden dort in kleinen, crossfunktionalen Teams statt einer klassischen, hierarchischen Organisation erledigt. Diese Teams werden als ‘Squads’ bezeichnet und sind mit jeweils maximal acht Personen für spezifische Produktbestandteile wie neue Features oder Ähnliches verantwortlich. Entsprechend beinhaltet eine ‘Squad’ alle notwendigen Kompetenzen und Rollen wie zum Beispiel Design, Entwicklung, Kommunikation, sowie immer auch dedizierte Product Owner, welche für die Koordination der Entwicklung verantwortlich sind, ohne aber hierarchisch vorgesetzt zu sein. Auf einem höheren, übergreifenden Level sind dann sogenannte ‘Tribes’ angesiedelt, die mehrere Squads in verwandten Produktbereichen bündeln (wie beispielsweise auf dem Level ‘Podcasts’). Diese sind dafür verantwortlich, gemeinsames Lernen sowie Wissensaustausch über die Squads hinweg sicherzustellen. Zusätzlich kann in sogenannten ‘Guilds’ auch noch über die Ebenen von ‘Tribes’ und ‘Squads’ hinweg der Austausch stattfinden.

Aus dem Pool potenzieller Projektmitglieder können dann für neue Innovationsprojekte passende Teams gebildet werden, welche möglichst alle benötigten Kompetenzen für dieses ganzheitlich abdecken. Crossfunktional bedeutet hier also, dass Projektmitarbeitende zwar Experte für spezifische Funktionen wie beispielsweise Kundenforschung oder Testing sein können, aber dennoch in spezifischen Themen (Projekten, Aktivitäten) organisiert sind statt in getrennten Funktionen.  Entsprechend wichtig ist dann die Vernetzung dieser Experten untereinander, um sowohl innerhalb als auch zwischen den crossfunktionalen Projektteams Entscheidungen möglichst schnell, unter Einbeziehung aller relevanten Wissensträger und damit möglichst dezentral zu treffen – und gleichzeitig übergreifendes Wissen aufzubauen. Die genaue Ausgestaltung und Zusammensetzung dieser Projektteams und der in ihnen enthaltenen Rollen und Kompetenzen ist somit immer abhängig vom Portfolio an Innovationsprojekten, sodass sich Teamzusammensetzungen immer wieder ändern und Personen in mehreren Teams zum Einsatz kommen können.

Wenn alle benötigten Kompetenzen für ein Projekt zu 100 Prozent im Tagesgeschäft ausgelastet sind, wird es schwierig, ein wirkungsvolles Innovationsprojekt auf die Straße zu bringen.

Solche vernetzten, crossfunktionalen Projektteams haben dann bestenfalls alle Kompetenzen an Bord, um selbstorganisiert den besten Lösungsweg für ein Innovationspotenzial zu finden. Entsprechend sollte zwar ein grundsätzlicher systematischer Innovationsprozess definiert sein, wie genau in diesem jedoch vorgegangen wird, welche Aktivitäten wann stattfinden sollten und wieviel Zeit und Geld in diese investiert wird, sollte aber soweit wie möglich den Projektteams überlassen bleiben. Auf diese Weise werden eine hohe Geschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit der Innovationseinheit im Sinne der „Adaptability“ sichergestellt.

Alignment muss stimmen

Damit diese selbstorganisierten Teams auch in die richtige Richtung laufen, muss jedoch auch das Alignment sichergestellt werden. Dieses muss naturgemäß über die einzelnen Projektteams hinweg organisiert werden, um diese möglichst zielgerichtet einzusetzen und die relevantesten Projekte zu definieren. Dazu gilt es ergänzend zu der agilen Projektorganisation ein übergeordnetes Team für Portfoliomanagement und -strategie zu etablieren. Dieses ist für die übergreifende Portfoliobewertung, -steuerung und -optimierung zuständig, um die Zielerreichung der Innovationsaktivitäten als Ganzes sicherzustellen. In Abstimmung mit entscheidenden Stakeholdern kann das Team Projekte priorisieren und Ressourcen entsprechend (re-)allokieren.

Bestenfalls verfügt es dazu über ein dediziertes Budget, mit welchem zumindest neue Innovationspotenziale vorfinanziert werden können, bis genug Informationen über deren Sinnhaftigkeit vorliegen und eigene Projektbudgets aufgesetzt werden. Wenn die Innovationseinheit wirklich wie ein Profitcenter arbeiten soll, kann das eigene Budget jedoch sogar auch die komplette Entwicklung und ggf. Umsetzung von Innovationsprojekten finanzieren – welche dann nach ein paar Jahren den Budgettopf wieder auffüllen können. In jedem Fall aber sorgt diese übergeordnete Steuerungsfunktion für das kontinuierliche Alignment der Innovationsprojekte (und deren Ressourcen) an die strategischen Ziele und stellt so den erwartete Wertbeitrag sicher.

Damit sind Adaptability und Alignment im Sinne einer agilen Organisation für die strategische Innovationseinheit sichergestellt. Damit dieses Setup operativ agieren kann, wird selbstverständlich auch noch eine koordinierende und unterstützende „Leitungs“-funktion benötigt, welche die Spielregeln festlegt, den Teams den Rücken freihält, Entscheidungen eskalieren kann und neben dem strategischen Rahmen auch für passende Arbeitsbedingungen sorgt. Insgesamt können dann die crossfunktionalen und vernetzten Projektteams ihre Innovationsprojekte selbstorganisiert durchführen, für welche die Leitungsfunktion gemeinsam mit dem Management die Ziele und den strategischen Rahmen vorgibt und die entsprechenden Ressourcen schafft, während die übergreifende Portfoliosteuerung dafür sorgt, dass diese Ressourcen auch stets möglichst effektiv für die Erreichung der Ziele eingesetzt werden (siehe Abbildung 5).

Korrelation von Agilität und Leistung in Organisationseinheiten
Korrelation von Agilität und Leistung in Organisationseinheiten

Auswirkung auf die dynamischen Fähigkeiten

Als eine Stellschraube wirken sich die beschriebenen Strukturen und Schnittstellen für eine vernetzt-ambidextre Innovationseinheit positiv auf die Etablierung und Anwendung der notwendigen „dynamischen Fähigkeiten“ für strategische Innovation aus (siehe Einführungsartikel). Zusammen ermöglichen diese es somit dem Unternehmen, interne und externe Ressourcen und Kompetenzen (kontinuierlich) zu integrieren, aufzubauen und neu zu konfigurieren, um neue Wettbewerbsvorteile zu entwickeln. Durch die verschiedenen Bestandteile der Organisation für die strategische Innovationseinheit werden alle Fähigkeiten beeinflusst. Die Innovationsleitung sorgt für das sogenannte „Scoping“, in welchem der strategische Rahmen für die Innovationsaktivitäten abgesteckt werden. Portfoliomanagement und -strategie ermöglichen das „Configuring“, indem das Innovationsportfolio kontinuierlich erfasst, bewertet und nach dem strategischen Rahmen ausgerichtet wird.

Die selbstorganisierten Projektteams sorgen dann mit der Identifizierung neuer Opportunitäten und deren Adressierung durch die Entwicklung neuer Lösungen für das sog. „Sensing“ und „Seizing“. Und die formellen und informellen Schnittstellen zur Vernetzung der Innovationseinheit als Ganzes sorgen für eine möglichst gute sog. „Transformation“, indem alle relevanten externen und internen Stakeholder für die Umsetzung neuer Lösungen einbezogen werden können. Damit ist die vernetzt-ambidextre Innovationseinheit eine wichtige Grundlage für die Entwicklung neuer Wettbewerbsvorteile unter Ausnutzung bestehender Wettbewerbsvorteile – und somit für den erfolgreichen Einsatz der Innovationseinheit für die strategische Erneuerung des Gesamtunternehmens!

Artikelserie Innovation
Was macht Unternehmen innovationsfähig und damit zukunftsfähig – organisational, prozessual, in Bezug auf Kompetenzen? Dieser frage gehen Lysander Weiß und Lucas Sauberschwarz in einer Artikelserie nach. 
Alle Artikel der Serie

Doch für die Entwicklung der Innovationsfähigkeiten müssen auch noch die weiteren Stellhebel betrachtet werden, welche sich in den weiteren Artikel dieser Serie finden. Sie wollen wissen, wie weit ihr Unternehmen auf der Reise zur kontinuierlichen, strategischen Innovation noch ist? Der „Capability Check“ ermöglicht Ihnen eine kostenfreie, schnelle Selbsteinschätzung zu allen dynamischen Fähigkeiten anhand eines wissenschaftlichen Fragebogens. Und weitere wichtige Stellhebel für deren Etablierung werden in den verbleibenden zwei Artikeln dieser Serie in den kommenden Monaten vorgestellt!