New Work Organisationsentwicklung

Kommt das Co-Working @Home?

Hat die Idee des einen, großen Bürokomplexes noch eine Zukunft? Oder werden wir neue, bislang undenkbare Office-Konzepte erleben, etwa private Wohnungen als Co-Working Spaces? Es gibt kühne Ideen. Doch sind sie auch realistisch?

Photo by Austin Distel on Unsplash
Photo by Austin Distel on Unsplash

Zurück ins Büro! Wirklich?

Langsam verlangen einige Firmen wieder die Rückkehr ihrer Mitarbeiterschaft ins zentral gelegene Büro. Jedoch mehren sich zugleich die Stimmen der Kolleginnen und Kollegen, die dies als Rückschritt empfinden. Die neue Normalität im Home Office hat eben bei vielen Menschen, die nicht durch Kita- und Schulschließungen getroffen wurden, zu einer besseren Produktivität oder zumindest weniger toter Zeit im Verkehr geführt.

Dezentrale Co-Working Space als mögliche Büroalternative?

Andererseits gibt es genug Unternehmen die ihre Flächenkonzepte grundlegend überdenken und laut über eine Reduktion der Präsenzkultur nachdenken oder diese gar beschlossen haben. In Metropolen wie New York und anderen Pendelregionen bringen sich nun Remote-Working Hubs ins Spiel, also dezentrale Büroflächen. Mitarbeiter müssen nicht mehr in die Zentrale, sondern können in ihrer Nähe in ein Büro gehen.

Wenn man dezentrale Büros nutzt, dann nicht, um die Mitarbeiter zu kontrollieren, sondern um ihnen soziale Interaktion und persönliche Teamarbeit bei weniger Pendelzeit zu ermöglichen.

Hier gibt es wiederum verschiedene Ideen. So könnten eigenständige Co-Working-Anbieter einfach Plätze oder ganze Räume an Firmen flexibel vermieten, oder aber die Konzerne könnten dezentral Flächen mit festen Laufzeiten anmieten, um dann Co-Working als Betreiber zu engagieren.

Erster Fall wäre in New York für WeWork sehr lukrativ, da das Unternehmen laut eigener Auskunft für 58 Prozent aller BüroarbeiterInnen New Yorks einen Arbeitsplatz in nur 15-minütiger Entfernung mit dem Fahrrad zur Verfügung stellen könnte. Das ist in der Tat eine interessante Idee, um einerseits technisch gut ausgestattete Büroarbeitsplätze anbieten zu können und andererseits den sozialen Anschluss aufrecht zu halten. Problem ist nur, dass nicht viele Co-Working-Anbieter diese Infrastruktur haben, auch nicht WeWork, wenn man in andere Städte schaut.

Würden also Firmen mit diversen Co-Working Anbietern arbeiten, ohne überhaupt die Beschaffenheit der Arbeitsmodalitäten vor Ort prüfen zu können, würde das nicht zwingend zu guten Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiterschaft führen. Zudem wäre dies noch ein verwalterischer Wasserkopf mit vielen Einzelverträgen, Rechnungen, Beschwerdemanagement und vielem mehr.

Co-Working @Home – Vielleicht ein Konzept für eine Niche?

Jedoch könnte man auch radikal anders denken. Wenn man dezentrale Büros nutzt, dann nicht, um die Mitarbeiter zu kontrollieren, sondern um ihnen soziale Interaktion und persönliche Teamarbeit bei weniger Pendelzeit zu ermöglichen. Jedoch braucht es dazu nicht zwingend das klassische Bürokonzept, welches vom Headquarter in den Co-Working Space transponiert wird.

Gehen wir nun einen gedanklichen Schritt zurück.

In der Zeit, in der Büroangestellte zu fast 100 Prozent im Büro präsent sein mussten, haben sich auch Wohnortcluster gebildet. Viele jüngere Angestellte leisten sich die zentrale Wohnung, ziehen aber dann später in die umliegenden Gemeinden mit guter Anbindung an Autobahn oder öffentliche Verkehrsmittel. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass einige MitarbeiterInnen relativ nah beieinander wohnen. Eine kurze Auswertung der Mitarbeiterdatenbank könnte hier eine datenschutzkonforme Antwort für jedes Unternehmen liefern.

Die Wahrscheinlichkeit, dass einzelne Teammitglieder in nächster Nähe zueinander wohnen, ist dennoch relativ gering, außer es handelt sich um Top-Verdiener aus dem Management, die mit höherer Wahrscheinlichkeit in einer attraktiven, jedoch teuren, Lage wohnen. Daher bieten dezentrale Co-Working Spaces für Teamkollegen keinen wirklichen Vorteil, da persönliche Zusammenarbeit nur dann möglich wäre, wenn die Teamkollegen in der nähe des selben Co-Working Spaces wohnen würden.

Die verbleibenden Vorteile eines dezentralen Working Hub sind also, dass sich MitarbeiterInnen nicht um Beschaffenheit, Reinigung und Wartung des Arbeitsplatzes kümmern müssen sowie externe Angebote für Nahrung/Getränke vorhanden wären.

Das Eigenheim als Co-Working Space

Nun könnten Unternehmen auf die verwegene Idee kommen, dass man Co-Working @Home als Option anbietet. Wer nicht in einen standardisierten Co-Working Space oder ins weiter entfernte Headquarter pendeln möchte, könnte auch sein Eigenheim für ein paar Kollegen öffnen, falls es der Platz erlaubt. Für viele sicherlich ein Alptraum, aber für manche, gerade in kreativeren Branchen mit Duz-Kultur und flachen Hierarchien, auch eine willkommene Möglichkeit zum Team-Building. Firmen könnten die Bereitstellung des @Home-Arbeitsplatzes vergüten, sodass für beide Seiten ein finanzieller sowie persönlicher Gewinn entsteht.

Co-Working @Home wäre sicherlich nicht ein Konzept für Jedermann, jedoch vielleicht für ein paar kontaktfreudige Angestellte und experimentierfreudige Unternehmen.

Nun könnte man dagegen argumentieren und sagen: „Aber was ist mit der Reinigung oder dem Arbeitsplatz oder der Kaffeeversorgung?“. Hier kann man sicherlich noch viele „oder“ dranhängen, jedoch lassen sich diese Gegenargumente in Teilen entkräften oder tatsächliche Probleme lösen.

Unternehmen könnten anteilig für eine Reinigung bezahlen oder man geht davon aus, dass sich untereinander persönlich bekannte Kolleginnen und Kollegen in einem privaten Wohnraum mehr auf den pfleglichen Umgang achten, als im all-inclusive Co-Working Space.

Ob der designierte Arbeitsbereich für Co-Working @Home geeignet ist, könnte auch vorab durch Bilder oder ein Video sowie das Feedback der ArbeiternehmerInnen, die dort einige Male gearbeitet haben, geklärt werden. Darüber hinaus könnte die Firma mit einer unkomplizierten Spesenregelung dafür sorgen, dass die Kollegen ausreichend Kaffee, Obst und andere Stärkungen zur Verfügung haben.

Die Realität nicht aus den Augen verlieren

Das wäre sicherlich nicht ein Konzept für Jedermann, jedoch vielleicht für ein paar kontaktfreudige Angestellte und experimentierfreudige Unternehmen. Jedoch muss man bei all der Kreativität realistisch bleiben. Die meisten Unternehmen bieten mehr Remote Working an, um sich an die neue Norm der globalen Pandemie anzupassen und langfristig Kosten für teure Büroflächen zu sparen. Für die wenigsten Unternehmen wäre es wirklich praktikabel, flexible, aber dafür teure Co-Workingplätze anzumieten, wenn der Betrieb auch remote funktioniert oder eine zentrale Büroimmobilie aufgrund langfristiger Mietverträge ohnehin vorhanden ist.

Seien wir realistisch: In den meisten Firmen wird es mittelfristig einfach auf mehr mobiles Arbeiten und ein bis zwei Tage Officepräsenz hinauslaufen.

Auch kommt es auf Arbeitsstättenverordnung, Versicherung des Arbeitsnehmers und die kleinteilige Kostenerfassung für private Arbeitsplätze an, weshalb es zumindest in Deutschland schwierig sein würde, ein In-Between-Konzept zu etablieren. Folglich wird es in den meisten Firmen mittelfristig einfach auf mehr mobiles Arbeiten und ein bis zwei Tage Officepräsenz hinauslaufen.