Business Strategie Organisationsentwicklung

„Ein Unternehmen führen heißt loslassen können“

Interview Vom coolen Kitelehrer zum (immer noch coolen) CEO eines florierenden Unternehmens - das ist Tobias Gottfried. Was macht es mit einem, wenn man plötzlich Verantwortung trägt für ein Unternehmen und seine MitarbeiterInnen? Was hat Tobi, gerade 30 Jahre alt, in neun Jahren Unternehmertum gelernt? Vor allem eines: Man kann und soll nicht alles allein machen.

Sommer, Sonne, Strand und Surfen – und ein Haufen Arbeit.
Sommer, Sonne, Strand und Surfen – und ein Haufen Arbeit.

Tobias, wie bist Du zum Surfen und Kiten gekommen?

Ich habe mit zehn Jahren mit dem Surfen angefangen, bei uns auf dem Baggersee. Das hat mir von Beginn an Spaß gemacht. Und meine Eltern haben mich immer unterstützt. Früh, schon mit 15 Jahren, haben sie mich mit älteren Surfkumpels auf Festivals in die Niederlande fahren lassen. So bin ich dann immer tiefer in den Sport und die Szene hineingerutscht.

Surfer-Lifestyle und erfolgreicher Unternehmer: Tobi Gottfried, CEO von Surf & Kite Theologos
Surfer-Lifestyle und erfolgreicher Unternehmer: Tobi Gottfried, CEO von Surf & Kite Theologos

Was hast Du gelernt? Wie hast Du Beruf und die Ausbildung zum Surf & Kitelehrer unter einen Hut gebracht?

Nach der Schule habe ich eine Ausbildung zum Kfz-Meachatroniker gemacht, meinen Meister drangehängt und am Flughafen Köln/Bonn gearbeitet. Das war ein sicherer Job, gutes Gehalt, denn ich war ja im öffentlichen Dienst. Aber mir hat immer etwas gefehlt, das hat mich nicht ausgefüllt. Deswegen habe ich den Surf- und Kitelehrerschein gemacht, weil ich dachte „Warum nicht das Hobby zum Beruf machen?“.  Dass ich aber einmal meine eigene Surfschule aufmachen würde, war damals noch nicht der Plan. Diese Idee kam mir erst, als ich auf Rhodos war und die damals sehr kleine Surfschule meines späteren Partners entdeckt habe. Ich bin da ganz zufällig gelandet. Die Atmosphäre und das Leben rund um die Surfstation, die Community, das hat mir alles gut gefallen. Und ich dachte, bleibe ich eben da.

Wie kam es zum Kauf der Surfstation?

Wie gesagt, mir hat das dort gefallen. Und der damalige Inhaber und sein Partner, der in Deutschland saß, haben mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, als Dritter ins Projekt einzusteigen. Lust hatte ich, ein bisschen Erspartes auch. Und einen Bausparvertrag, den ich da rein investiert habe. War gar nicht so einfach, die Bausparkasse davon zu überzeugen, dass das eine gute Idee ist. Hat dann aber geklappt.

Ich musste erst lernen, dass ein Unternehmen führen heißt, den Menschen zu vertrauen, Aufgaben abzugeben und die Verantwortung zu delegieren.
Tobias Gottfried, CEO, Surf & Kite Theologos

Viele genießen dann ja das Leben und schalten in den Feiermodus. Was hat Dich nach vorne getrieben?

Ich bin im Jahr 2012 eingestiegen. Mein damaliger Partner war Deutscher und lebte auf Rhodos quasi als Aussteiger. Er kam aus dem IT-Vertrieb, hatte in Deutschland jahrelang hart gearbeitet und wollte jetzt das Leben genießen und feiern. Und dieses Feiern hat mir natürlich auch gefallen, doch ich habe in der Surfstation immer mehr gesehen als eine Partylocation für die Community. Ich habe das Business gesehen. Und ich wollte persönlichen Erfolg haben, etwas aufbauen, geschäftlich weiterkommen. Ich habe dann zusammen mit meinem heutigen Partner Spiros zusätzlich die Kitetstation aufgebaut, später einen Surf-Shop dazu gestellt. Schließlich habe ich meine beiden damaligen Partner ausbezahlt und dabei auch Lehrgeld bezahlt. Denn dank meiner Ideen war der Wert des Ganzen gestiegen, und ich musste die Anteile der anderen teuer bezahlen. Als ich der einzige Inhaber war, habe ich meine Ideen konsequent weiterverfolgt.

Unsere Kunden erwarten Strand, Sport, Party – und einen professionellen Service. Das authentisch rüberzubringen, ist nicht einfach. Sondern viel Arbeit.

Surfen, Sonne, Strand: Das ist ein spezielles Lebensgefühl, ein Lifestyle. Wie hast Du das mit Unternehmertum und Wachstum in Einklang gebracht?

Das Lebensgefühl ist wichtig, es ist elementarer Teil des Business. Die Surf-Philosophie ist auch jetzt noch da, aber eben organisierter als vor acht, neun Jahren. Die Kunden, die zu uns kommen, wollen ja zur Community gehören, die wollen genau das erleben – Strand, Sport, Party. Gleichzeitig erwarten sie aber auch einen professionellen Service. Das authentisch rüberzubringen, ist nicht einfach. Sondern viel Arbeit.

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Die komplette Anlage hat Tobias Gottfried selber geplant.

Was hat die Verantwortung für das Geschäft und für die MitarbeiterInnen bei Dir ausgelöst?

Das war eine völlig neue Erfahrung für mich. Ich habe mich am Anfang für alles verantwortlich gefühlt, mich um alles gekümmert und am besten selber gemacht. Ich musste erst lernen, dass ein Unternehmen führen heißt, den Menschen zu vertrauen, Aufgaben abzugeben und die Verantwortung zu delegieren. Dieses „Die anderen einfach einmal machen lassen“ war ein Lernprozess. 2016 habe ich Spiros, der mit mir das Unternehmen als Mitarbeiter aufgebaut hat, zum Partner gemacht. Als Anerkennung für das, was er geleistet hat, aber auch, damit ich nicht mehr alles allein machen muss.

Wie bist Du den Aufbau Deines Unternehmens angegangen? Streng nach Plan oder mehr oder weniger spontan?

Der Gesamtkomplex aus Surf-Station, Kite-Station und Hotel/Ferienwohnungen war als Vision von Anfang an da. Aber dass er so groß geworden ist, wie er jetzt ist, war überraschend. Anfangs hatte ich Zimmer in der Umgebung gepachtet, dann habe ich unsere Website als Buchungsportal aufgebaut. Als das gut lief und die Gäste kamen, habe ich mich an den Bau des Hotels gemacht. In der Rückschau war das ein langsames, gesundes Wachstum, jeder Schritt kam nach dem anderen, wenn er kommen musste. Dass ich ein eigenes Hotel brauchen werde, damit die Idee rund wird und funktioniert, war mir aber früh klar. Und ich war immer bei jedem neuen Schritt dabei, habe viel selber gemacht. Die komplette Planung samt Innenarchitektur stammt von mir, und ich habe buchstäblich die Nägel selber in die Wand gehauen. Die Glamping-Anlage, die wir jetzt gebaut haben, habe auch ich designt. Das hier ist wirklich mein Baby.

Als Allererstes gilt: Alle meine MitarbeiterInnen stehen bedingungslos an erster Stelle.

Das klingt nach viel Arbeit. Kam irgendwann der Punkt, an dem Du die Nase voll hattest?

Als vor einiger Zeit meine Tochter auf die Welt gekommen ist, war das für mich eine neue Situation. Ich wollte Zeit mit ihr und meiner Frau verbringen. Außerdem gab es einige stressige Situationen mit Gästen, es war wahnsinnig anstrengend. 2013 hatte der Betrieb schon 20 MitarbeiterInnen, trotzdem war er meine One-Man-Show. Die Frage war: Hinschmeißen oder das System verändern. Ich wollte aber nicht alles aufgeben und verkaufen. Selbständigkeit ist mir wichtig, Unternehmer sein ist mir wichtig. Und nach der Krise kam wieder eine tolle Zeit. Da habe ich gewusst, dass ich weitermache, aber eben anders. Indem ich Verantwortung abgebe.

Wie sieht Deine Führungsphilosophie aus?

Das ist ein Mix aus verschiedenen Dingen. Als Allererstes gilt: Alle meine MitarbeiterInnen stehen bedingungslos an erster Stelle. Nach dem Hotelbau hatte ich wenig Zeit, jedes Detail in den einzelnen Bereichen selber zu regeln. Da habe ich Kompetenzen an mein Team abgegeben. Das hatte einen sehr positiven Effekt. Mein Geschäftspartner Spiros kümmert sich komplett um die Kite-Station, ich rede ihm da nicht mehr rein. Aber er kommt zu mir, wenn er Rat und Hilfe braucht. Ich habe gelernt loszulassen. Und das heißt natürlich auch: Ich habe gelernt, dass andere Menschen Dinge anders machen, als ich sie machen würde.  Und dass das in Ordnung ist und oft sogar viel besser. Was zählt, ist das Endergebnis. Und das ist sehr gut. Weil jeder im Unternehmen entscheidet, wenn es darauf ankommt, und die Aufgaben eigenverantwortlich angeht.

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Gäste suchen vor allem eins: A surfer's life. Und perfekten Service.

Ich denke aber, dass nach wie vor alle sehen, dass und wie ich mitarbeite, auch wenn ich die meiste Zeit im Büro verbringe. Trotzdem bin ich im Hotel und auf der ganzen Anlage unterwegs. Und hebe dann Müll auf, der herumliegt oder rücke Stühle an Tischen zurecht oder ähnliches. Ich will Vorbild sein und vorangehen, jeden Tag. Das merken die MitarbeiterInnen, sie sehen, was mir wichtig ist, und können dann entscheiden, wie sie ihre Aufgaben erfolgreich erledigen.

Mir ist eines ganz wichtig: Dass wir hier gemeinsam Großes erreichen. Wenn mir die Menschen zurückspiegeln, dass sie das gerne machen und Spaß dabei haben, wenn wir Erfolge zusammen feiern – dann gibt uns das enorme Energie und Kraft.