Business Transformation Organisationsentwicklung

Die Systemänderer

"Arbeiten am System, nicht im System." Das treibt die BeraterInnen von VORSPRUNGatwork an. Die Gründer und ihre Mannschaft sind auf der Suche nach neuen Formen der (Zusammen)Arbeit in Unternehmen. Das wahre Potenzial stecke in den Menschen – man müsse es nur sehen. Und die Menschen befähigen, selbst zu denken und selbständig zu agieren.

Die Zentrale der Vorspringer in Weinheim.
Die Zentrale der Vorspringer in Weinheim.

Arbeit an der Zukunft der Arbeit

Ein unscheinbares Gebäude in einem Wohnviertel von Weinheim im Norden von Baden-Württemberg. Ruhig ist es hier, gegenüber liegt der Schlosspark. Fast versteckt liegt das Hauptquartier der „Vorspringer“, wie sich die Leute des Beratungsunternehmens VORSPRUNGatwork selbst nennen. Beim Vorbeischlendern käme niemand auf die Idee, dass genau hier an der Zukunft der Arbeit gearbeitet wird.

Wir arbeiten am System, nicht im System.
Christian Kugelmeier, VORSPRUNGatwork

So beschaulich die Umgebung, so radikal und anders geht es drinnen zu. Vorsprung at Work, das ist ein Gegenentwurf zu traditionellen Unternehmen. Und zwar ganz bewusst. Alle drei Gründer hatten davor mehr oder weniger frustriert ihre Festanstellungen aufgegeben. Christian Kugelmeier, Andreas Loroch und Martin Bächle (mittlerweile ausgeschieden) waren, wie sie selbst sagen, an vielen Gesetzen des Managements und der Arbeitswelt gescheitert. Ihre Vorstellungen von Arbeit, Unternehmertum, Wirtschaft und Unternehmensorganisation kollidierten mit dem Status quo. Aber sie waren davon überzeugt, dass das alles auch anders gehen muss. Und sie wollten über dieses „Anders“ nicht mehr philosophieren, sondern es einfach machen.

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Nicht nur philosophieren, sondern machen: Andreas Loroch (links) und Christian Kugelmeier, Gründer von VORSPRUNGatwork.

Arbeit anders machen

„Wenn wir Mindset, Verhalten und vor allem das Business-System ändern, dann schaffen wir ein besseres, freieres, humaneres und erfolgreicheres Arbeitsumfeld“, fasst Kugelmeier die Grundfesten ihres Tuns zusammen. „Es geht uns nicht um Change Management, nicht darum, einen Zustand A in einen Zustand B zu überführen“, sagt er. Ziel ist die echte, tiefgreifende Veränderung von Unternehmen und der Art und Weise, wie Menschen zusammenarbeiten. „Wir verstehen Transformation als Befähigung der Menschen in der Organisation und damit der gesamten Organisation zu permanenter (vom Markt getriebener) Wandlungsfähigkeit“, erklärt Andreas Loroch. Kugelmeier und Loroch sind sicher: Auch in verkrusteten Strukturen und Haltungen finden sich verschüttete Chancen und Potenziale, das Ganze ganz anders zu machen. Diese Chancen gilt es zu heben. Als Mensch wie als Organisation. Und VORSPRUNGatwork unterstützt Unternehmen wie unterstützt dabei Unternehmen wie Deutsche Bahn, Daimler, Allianz oder Bechtle dabei. Oder, mit den Worten von Christian Kugelmeier: „Wir arbeiten nicht im System, sondern am System.“

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Ohne Post-its geht nichts ...

Das haben sie mit ihrem ersten Projekt eindrucksvoll bewiesen. Beim Sensorhersteller Elobau im Allgäu hat VORSPRUNGatwork das veraltete Vergütungssystem für die Mitarbeiter in der Produktion neu gestaltet. Oder eben nicht. Denn das wäre ja nicht anders gewesen. Zahlreiche Berater und Wissenschaftler waren zuvor mit ihren klassischen Ansätzen („Wir haben einen Plan, Ihr setzt ihn um. Fertig.“) gescheitert. Deren Vorschläge passten nicht und die MitarbeiterInnen haben sie nicht akzeptiert.

MitarbeiterInnen befähigen

VORSPRUNGatwork ist anders herangegangen. Sie haben die MitarbeiterInnen befähigt, ermutigt und unterstützt, sich ihr neues Vergütungssystem selber zu bauen. In Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung, die Teil der Projektgruppe war. Was für die MitarbeiterInnen am Anfang nicht einfach war. Doch nach und nach haben die Menschen Vertrauen in ihre Fähigkeiten gefasst – mit der Hilfe der Vorspringer. Am Ende waren die Frauen und Männer auf dem Shopfloor die treibende Kraft. Im Buch „New Pay“ ist der Prozess ausführlich beschrieben, in dem Elobau gemeinsam mit den Vorspringern das neue Vergütungsmodell entwickelt hat.

Das, was entstehen soll, das, was Prozesse, Arbeitsweisen und Zusammenarbeit besser, effizienter und erfolgreicher macht, ist immer schon im Unternehmen. Daran glauben wir.
Christian Kugelmeier und Andreas Loroch, VORSPRUNGatwork

Das Entscheidende und gleichzeitig Typische für die Arbeit von Vorsprung: Es ging darum, gemeinsam etwas Neues zu schaffen. Etwas, das nicht von Anfang an in den Powerpoint-Folien der Berater festgeschrieben stand und nur noch umgesetzt werden sollte. Sondern ein ergebnisoffener Prozess, bei dem MitarbeiterInnen der Produktion, HR und Geschäftsführung gemeinsam und gleichberechtigt, moderiert, angeleitet und befähigt von Vorsprung at Work, die Entlohnung neu gestaltet haben. Und als alles fertig war, haben die Menschen über das Ergebnis abgestimmt: 95 Prozent Zustimmung.

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Im Mittelpunkt: die Menschen.

„Das, was entstehen soll, das, was Prozesse, Arbeitsweisen und Zusammenarbeit besser, effizienter und erfolgreicher macht, ist immer schon im Unternehmen. Daran glauben wir“, sagen Christian Kugelmeier und Andreas Loroch. „Unsere Aufgabe ist es, die Kunden dabei zu unterstützen, diese Schätze zu finden und zu heben.“ Auf dieser Grundlage gehen die Vorspringer in die Begleitungsprojekte.  Auf dieser Grundlage arbeiten sie aber auch selber. „Wir haben uns alle Organisationsmodelle, Experimente etc. angeschaut, von Holacracy über Spotify. Und dann unser eigenes Modell erarbeitet. Das wir ständig weiterentwickeln“, sagt Christian Kugelmeier.

Von Zellen und konzentrischen Kreisen

Im Erdgeschoss des Unternehmenssitzes hängt ein Plakat, das eine ganze Wand einnimmt. Dort sind die unterschiedlichen Zellen aufgezeichnet, in denen die MitarbeiterInnen alle Funktionen von HR über Controlling bis hin zu Marketing und Vertrieb ausfüllen. Niemand übernimmt eine Aufgabe allein, es sind immer mehrere Menschen, die zusammen an den Themen arbeiten. „Sie bringen unterschiedliches Wissen und Kompetenzen mit. Und lernen Neues, jeden Tag“, meint Andreas Loroch. Wie die unterschiedlichen Zellen zusammenarbeiten, das entwickelt sich dabei immer weiter. Und auch die Zusammensetzung der Zellen ist nicht in Stein gemeißelt. Neue Mitglieder kommen dazu, andere verlassen eine Zelle, um mit anderen KollegInnen an anderen Themen zu arbeiten. „Das On- und Offboarding ist eine Aufgabe, an der wir alle ständig arbeiten“, sagt Kugelmeier.  

Ziel sind größtmögliche Transparenz, Beteiligung und Eigenständigkeit der MitarbeiterInnen. Die Geschäftsführung, die nicht nur aus den beiden Gründern und Gesellschaftern besteht, wird gewählt. Führung ist im Verständnis von Kugelmeier und Loroch nichts Gottgegebenes, sondern zeitlich begrenzt und immer wieder neu auszuhandeln. Vieles entsteht erst und entwickelt sich – aus den MitarbeiterInnen selbst heraus. Als wäre es ein Projekt von VORSPRUNGatwork.