Business Transformation Podcast Trafostation

„Einfalt ist keine Lösung“

Podcast Wir wollen die Welt einfach und klar. Das ist sie aber nicht, egal, wie sehr wir die Dinge zu simplifizieren suchen. Und das sei gut so, meint Wolf Lotter in der neuen Trafostation. Denn in der Komplexität liege die Lösung für unsere Probleme.

Augen zuhalten hilft nicht

Es ist alles so komplex, so schwierig, wir fühlen uns überfordert von all den Möglichkeiten, von der Auswahl, die wir treffen müssen. „Wie Zweijährige halten wir uns die Augen zu und denken, dass niemand uns mehr sieht und die Welt stillsteht“, sagt Wolf Lotter. „Doch die Welt schaut zu, lacht und macht Buh!“.

Das Perfekte existiert nur im Kopf. Und wir müssen hinzufügen: in den eher schlichten, einfachen Köpfen.

Wer seine Augen offenhält und den Menschen sagt, dass verstecken nicht helfe, habe es manchmal schwer, sagt Lotter weiter, und erinnert an den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Fred Sinowatz (1983-1986). „Sinowatz machte nicht das, was bis heute zum Alltag der Berufspolitiker gehört: Den Menschen zu suggerieren, man könne die Welt viel einfacher und klarer machen, als sie tatsächlich ist.“ Gedankt habe ihm seinen Satz „Ich weiß schon, meine Damen und Herren, dies alles ist sehr kompliziert. So wie die Welt, in der wir leben und handeln und wie die Gesellschaft, in der wir uns entfalten wollen. Haben wir daher den Mut, mehr als bisher auf diese Kompliziertheit hinzuweisen“ niemand.

 

Was wir heute nicht sehen wollen, darin liegt die Lösung für morgen.

Verständlich, denn von Chefs und Führungskräften erwarte man klare Ansagen, nicht die Einsicht, dass das alles nicht einfach sei. „Sinowatz steht meilenweit über den Vereinfachern und Spöttern von damals und heute. Wer Vielfalt will und Demokratie, der muss damit umzugehen lernen und einiges aushalten“, so Lotter.

Mit Unterschieden produktiv leben

Wer wolle, dass die Menschen in seinem Unternehmen die bestmögliche Arbeit leisten, müsse ihnen das zutrauen und mit den Unterschieden und der Komplexität und Vielfalt umzugehen lernen. „Es gibt keine klare Entscheidung, denn wenn alles klar wäre, müsste sich niemand entscheiden.“ Doch in der Massengesellschaft hätten wir uns eingeredet, alles ließe sich auf eine Norm, eine Antwort herunterbrechen. „Jetzt lernen wir auf die harte Tour, dass das nicht funktioniert.“  

Wer sagt, diese Welt sei einfach, der lügt.

Wir stünden vor der Aufgabe, Komplexität zu erschließen, nicht zu reduzieren. „Unerschlossene Komplexität ist kompliziert. Sie nervt. Aber Komplexität ist nur ein anderes Wort für Vielfalt, Fairness, Demokratie, Chancen. Für Innovation und Änderungen zum Besseren“, erklärt Lotter. Wenn wir das akzeptierten, sei es kein Problem mehr, Fehler zuzugeben, den Kurs zu ändern, dazuzulernen. Und nicht permanent zu behaupten, wir wüssten schon alle Antworten. „Das Perfekte existiert nur im Kopf. Und wir müssen hinzufügen: in den eher schlichten, einfachen Köpfen.“