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Selbstwirksamkeit macht den Unterschied

Kommentar Viele Menschen verlieren die Lust am Arbeiten, der Wunsch nach Teilzeit und 4-Tage-Woche ist groß, wie eine aktuelle Studie zeigt. Der Grund dafür ist aber nicht Faulheit, sondern fehlende Selbstwirksamkeit vieler Menschen. Die Antwort kann nur lauten: Nehmt die Menschen wahr, nehmt sie ernst und lasst sie machen.

Foto: cottonbro/ pexels
Foto: cottonbro/ pexels

Bitte weniger Arbeit!

Ein Gespenst geht um in Deutschland – der Mensch, der nicht mehr arbeiten möchte. Eine Studie/ Umfrage der HDI schlägt gerade große Wellen, die belegt, dass über zwei Drittel der abhängig Beschäftigten die Einführung der Vier-Tage-Woche begrüßen würden. Fast 14 Prozent sogar ohne vollen Lohnausgleich. Und auch die Sehnsucht nach Teilzeit ist demnach groß, fast die Hälfte der Befragten würde entsprechende Angebote ihrer Arbeitgeber annehmen, heißt es in der Studie.

Viele Menschen finden in ihrem Broterwerb keine Erfüllung. Sie machen das, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Spaß, Sinn, Freude finden sie darin nicht.

Vor allem jüngere Arbeitnehmer:innen können dem Gedanken an weniger Arbeit viel abgewinnen, aber nicht nur. Die Vorstellung ist auch für Menschen über 40 Jahren attraktiv. „Besonders die Mitarbeiter der Industrie sind von der Idee angetan: Wenn sie pro Woche einen Tag weniger schuften müssten, sind 24 Prozent der Beschäftigten bereit, für die Viertagewoche auf Lohn zu verzichten. Insgesamt würden 86 Prozent der Beschäftigten in der Industrie eine Einführung dieses Modells begrüßen“, heißt es in einem Artikel von Wirtschaftwoche online.

Wohlstandsverwahrlosung? Leistungsverweigerung?

Was ist das nun? Wohlstandsverwahrlosung? Faulheit? Leistungsverweigerung, wie der KTM-Chef Stefan Pierer es neulich in einem Interview formuliert hat? In meinen Augen springt eine solche Antwort zu kurz. Für mich belegt sie vor allem eins: Viele Menschen finden in ihrem Broterwerb keine Erfüllung. Sie machen das, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Spaß, Sinn, Freude finden sie darin nicht. Entsprechend sagen laut Studie nur noch 58 Prozent, dass sie sich ein Leben ohne ihren Beruf nicht vorstellen können, vor zwei Jahren waren es noch 69 Prozent.

Je mehr Menschen verdienen, desto weniger unzufrieden sind sie und desto geringer die Sehnsucht nach Freiheit von Arbeit.

Auffällig ist ein weiteres Ergebnis der Studie: Je mehr Menschen verdienen, desto weniger unzufrieden sind sie und desto geringer die Sehnsucht nach Freiheit von Arbeit. 58 Prozent der Menschen, die mehr als 5.000 Euro netto verdienen, geben an, aktuell in ihrem Traumjob zu arbeiten. Bei Menschen, die weniger als 2.000 Euro verdienen, sind es nur 31 Prozent.

Die Antwort lautet Selbstwirksamkeit

Was folgt daraus? Entgegen aller anderslautenden Meinungen scheint das Gehalt nach wie vor eine Rolle zu spielen, wenn es um Zufriedenheit und Spaß beim und am Arbeiten geht. Gleichzeitig scheinen die Möglichkeiten, eigene Ideen einzubringen, selbständig und selbstbestimmt zu arbeiten, mit dem eigenen Tun einen Unterschied zu machen, kurz: Selbstwirksamkeit zu erleben eine wesentliche Bedeutung zu haben. Die Vermutung liegt nahe, dass eben das in vielen eher schlecht bezahlten Jobs und Berufen nicht immer gegeben ist. Wiederkehrende Routinearbeiten nach strikten Vorgaben, fehlende Freiräume, fehlende Entwicklungsmöglichkeiten – das alles verhindert Erfüllung. Dann wird Arbeit eine bloße Notwendigkeit, weil Menschen eben Geld zum Lebensunterhalt brauchen.

Wenn man sich anstrengt und dafür eine Gegenleistung bekommt, bringt das einem Menschen Zufriedenheit
Oliver Sowa, Geschäftsführer, Beutlhauser Gruppe

Diese Studie zeigt, wie andere zuvor, dass Unternehmen ihre Mitarbeitenden als Individuen behandeln sollten, mit ihren je eigenen Fähigkeiten, ihrem Können und Wissen und individuellen Bedürfnissen. Die sie einbringen können und wollen, um gute Arbeit zu erledigen zum Wohl des Unternehmens, dessen Kunden und zum eigenen Wohl. Wenn man sie lässt. Wenn man sie ernst nimmt, ihnen Entwicklungsmöglichkeiten und Chancen zur Entfaltung gibt. Und sie ordentlich bezahlt.

Der aktuelle Wunsch nach weniger Arbeit und mehr Freizeit macht offensichtlich, dass in diesen Punkten einiges im Argen liegt. „Wenn man sich anstrengt und dafür eine Gegenleistung bekommt, bringt das einem Menschen Zufriedenheit“, sagt Oliver Sowa, Geschäftsführer der Beutlhauser Gruppe, im Interview mit dem personalmagazin. Fangen wir an.