Digitalisierung Podcast Trafostation

„Ich bin Chef und du mein Werkzeug“

Das Verhältnis Mensch Maschine gehört klargestellt. Warum und wie aus Verbrauchern endlich auch Gestalter werden, darüber sprechen Wolf Lotter und Christoph Pause in der „Trafostation“.

Foto: Severine Guthier/Haufe Group
Foto: Severine Guthier/Haufe Group

Verfluchter Schöpfer! Warum hast du ein Monster gebildet, das so abscheulich ist, dass selbst du dich angewidert von mir abgewandt hast?
Das Geschöpf des Victor Frankenstein

So klagt die Kreatur ihren Schöpfer an, mit dem sie letztlich in den Eiswüsten der Arktis verenden wird. Mary Shelleys vielfach zitierte und aufgelegte Geschichte von Victor Frankenstein und dem Experiment vom künstlichen Leben ist eine Drohung an das Publikum. Und sie gehört zu den kulturgeschichtlichen Lieblingen derjenigen, die der Technologie den Kampf ansagen.

Können wir Technik und Wissenschaft beherrschen?

Diesen Versuch brauche man gar nicht erst zu unternehmen. Am Ende stehe immer die Katastrophe. So lautet die Botschaft des literarischen Klassikers. Eine fatale und falsche Botschaft im 20. Jahrhundert, meint Wolf Lotter und bezieht sich auf den Philosophen Günther Anders, der von der prometheischen Scham sprach: Die Maschinen kränken den Menschen, indem sie viel schneller als der Beste von ihnen sind.

Die Maschine ist ein Teil von uns, unser Werkzeug. Nur haben das die meisten nicht verstanden.

Es ist merkwürdig, findet Lotter: „Die Maschine ist ein Teil von uns, unser Werkzeug. Nur haben das die meisten nicht verstanden.“ Und was sollte ein Computer sonst sein als eine universale Maschine, die sich den Menschen nützlich macht, vorausgesetzt, wir verstehen sie zu nutzen?

Zeit für Unterscheidbarkeit, Persönlichkeit, Innovation

Die Maschine zu nutzen, ist ein bisschen mehr, als bloß zu programmieren. Im Idealfall kann künstliche Intelligenz freundlich alle lästigen Routinearbeiten übernehmen, die vorher schon mechanische Geräte durchführten. Den Menschen bleibe dadurch Zeit, sagt der Publizist, für Unterscheidbarkeit, Persönlichkeit, Innovation, Entwicklung und das Verbessern.

Es ist ein Zeichen intellektueller Faulheit, dass wir die alte Dualität der magischen Maschine und des ohnmächtigen Menschen nicht ablegen.

„Es ist ein Zeichen intellektueller Faulheit, dass wir die alte Dualität der magischen Maschine und des ohnmächtigen Menschen nicht ablegen“, stellt Lotter fest. Klug sei demnach, was sich nutzen lässt. Der Physiker Arthur Clarke hat einmal gesagt, dass jede fortgeschrittene Technologie wie Magie aussieht. Das stimme allerdings nur so lange, meint Lotter, wie man sich mit der Technologie nicht beschäftigt. Sonst sei das nur ein fauler Zauber.

Hört auf zu fantasieren, fangt an zu digitalisieren

Die Naturwissenschaftler:innen müssen mehr über Intuition lernen und die Schöngeistigen mehr über naturwissenschaftliche Realität. „Am Ende müssen zwar nicht alle alles können, aber wir sollten uns schon im Griff haben. Und das, was wir schaffen, erst recht“, fasst es der Publizist zusammen.

Am Ende müssen zwar nicht alle alles können, aber wir sollten uns schon im Griff haben. Und das, was wir schaffen, erst recht.

Kein Mensch brauche mehr Unterricht im Programmieren. Er müsse noch nicht einmal einen Lötkolben gerade halten können. Eigentlich gehe es nämlich um Haltung, betont Lotter: „Ich bin hier der Chef, die Chefin und du bist mein Werkzeug.“

Wenn das im Verhältnis Mensch Maschine klar sei, könnten wir endlich aufhören zu fantasieren. Und damit anfangen richtig zu digitalisieren.