Change Management

So führen Sie in Veränderungsprozessen

Veränderungen erfolgreich zu gestalten, ist eine der wichtigsten Führungsaufgaben. Gudrun Happich empfiehlt in ihrem Buch "Herausforderungen im Führungsalltag" sechs Regeln für effektives Veränderungsmanagement.

Foto: Tamara Gak, Unsplash
Foto: Tamara Gak, Unsplash

Veränderung: Kämpfen, flüchten, standhalten?

Nicht erst seit der letzten Konjunkturkrise oder Covid-19 haben Veränderungsprojekte Hochkonjunktur. Da kündigt etwa ein Vorstand ein konzernweites Kosten- und Effizienzprogramm an: "Jeder Bereich wird seine Kosten und Strukturen auf den Prüfstand stellen." Und es ist absehbar, dass etliche Abteilungen aufgelöst, zusammengelegt oder einem neuen Bereich zugeordnet werden. Kurzum: Das Arbeitsumfeld wird gründlich durcheinandergewirbelt.

Ob die Unternehmensleitung diesen Wechsel nun als Reorganisation, Outsourcing, Change-Projekt, Digitalisierung, Transformation, Umstrukturierung oder Kostenprogramm bezeichnet: Auf die Führungskräfte und Mitarbeiter kommen strukturelle Veränderungen zu, ob sie diese nun gut finden oder nicht. Obwohl die Vorgesetzten nur in den wenigsten Fällen die Veränderung selbst mit beschlossen haben, müssen sie diese jetzt vertreten und in ihrer Abteilung umsetzen. Die Mitarbeiter unterdessen spalten sich in verschiedene Lager: vom Gegner über den Ängstlichen bis hin zum Befürworter. Das Team droht auseinanderzubrechen, die Leistungskraft schwindet.

Wie gehen Sie als Führungskraft mit dieser Ausnahmesituation um? Wie gelingt es, die Mitarbeiter zusammenzuhalten, zu motivieren und die Schlagkraft des Teams zu erhalten?

Veränderung: Eine Ausnahmesituation für das ganze Team

Veränderungen lösen Unsicherheiten aus, nicht nur bei den Mitarbeitern, sondern auch bei den Führungskräften selbst. Der Umgang mit Veränderungen ist daher häufig auch Gegenstand von Führungscoachings. Deutlich wird dabei, dass die Reaktionen sehr unterschiedlich sind. Fasst man sie zusammen, lassen sich drei Muster unterscheiden: kämpfen, flüchten, standhalten.

Veränderungen lösen Unsicherheiten aus, nicht nur bei den Mitarbeitern, sondern auch bei den Führungskräften selbst.

"Kämpfen" bedeutet: hyperaktive Reaktion. Die Führungskraft versucht, alle Hebel gleichzeitig zu bewegen, um sich aus einer Situation der Bedrängnis zu befreien – häufig mit dem Ziel gegen die geplante Veränderung anzugehen. Sie agiert unter höchster Anspannung, setzt alle persönlichen Ressourcen ein. Sie möchte alles tun, um die Situation zu retten. Dabei stößt sie an Grenzen, wird von Hoffnungen getrieben und von Niederlagen geplagt – durchlebt ein emotionales Auf und Ab.

Herausfordernde Führung
Der Text ist ein leicht überarbeiteter Auszug aus dem Buch "Herausforderungen im Führungsalltag" von Gudrun Happich, erschienen bei Haufe. Das Buch steht auf der Longlist des getAbstract International BookAward.
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Auch das Reaktionsmuster "Flüchten" ist häufig anzutreffen. Manchmal steht die Flucht auch am Ende eines vergeblichen Kampfes, dem nun Lähmung und Resignation folgen. Das Flüchten und Wegducken vor der Veränderung ist oft verbunden mit Ausstiegswünschen und Rückzugstendenzen, auch körperlichen Stressreaktionen und depressiven Verstimmungen. Die Führungskraft versucht, ihre fehlende Zuversicht möglichst lange vor den eigenen Mitarbeitern zu verbergen. Sie neigt dazu, sich zurückzuziehen und nach außen hin mit Ironie oder Beschwichtigung zu reagieren. Dabei verliert sie an Authentizität, was zur Folge hat, dass sie gegenüber ihren Mitarbeitern an Glaubwürdigkeit verliert. Manchmal neigt sie auch dazu, die Situation zu überspielen, indem sie eine Vielzahl von Aktivitäten entfacht oder ständig neue Vermutungen anstellt, die sich anschließend wieder zerschlagen. Das Übermaß an Fehlinformationen löst Verwirrung aus, bis hin zu dem Punkt, dass die Arbeit in der Abteilung zum Erliegen kommt.

Der Veränderung standhalten

"Standhalten" heißt demgegenüber: der Veränderungssituation gelassen ins Auge sehen. Die Führungskraft lässt sich nicht von der persönlichen Befindlichkeit leiten, sondern versteht es, zwischen Situation und Person zu trennen. Sie konzentriert sich darauf, die geplante Veränderung zu verstehen und die Chancen für die eigene Abteilung zu erkennen. Sie sieht die Situation als Herausforderung für sich und ihr Team. Sie entwickelt eine Strategie, um die Mitarbeiter zu überzeugen und durch das Veränderungsprojekt zu führen. Je mehr Erfahrung eine Führungskraft hat, je mehr sie schon in anderen Positionen Veränderungen durchlebt hat, umso eher zählt sie zu den Typen, die mit dem Muster Standhalten reagiert.

Ein Veränderungsprozess trifft das gesamte Team – die Mitarbeiter und die Vorgesetzte gleichermaßen. Beide sehen sich mit einer neuen Situation konfrontiert, und so verwundert es auch nicht, dass die gleichen Reaktionsmuster zu beobachten sind. Wie die Führungskräfte reagieren auch die Mitarbeiter mit Kämpfen, Flüchten oder Standhalten: Die einen wehren sich, protestieren, gehen in den Widerstand. Die anderen verdrängen, flüchten, tauchen ab und hoffen, dass der Sturm vorüberzieht. Die dritten dagegen akzeptieren die Situation. Sie erwarten vom Vorgesetzten umfassende Informationen, suchen den Kontakt zu den erfahrenen Kollegen, die ähnliche Situationen bereits erlebt haben – und sind bereit, die Herausforderung anzunehmen.

Ein Veränderungsprozess trifft das gesamte Team – die Mitarbeiter und die Vorgesetzte gleichermaßen. Beide sehen sich mit einer neuen Situation konfrontiert, und so verwundert es auch nicht, dass die gleichen Reaktionsmuster zu beobachten sind.

Insgesamt muss sich der Vorgesetzte jedoch auf eine kritische Situation einstellen. Der Mitarbeiter weiß nicht, was auf ihn zukommt. Ist sein Arbeitsplatz gefährdet? Muss er eine neue Funktion übernehmen? Ängste und Unsicherheiten, ob berechtigt oder an Haaren herbeigezogen, schlagen sich schnell auf die Arbeitsfähigkeit nieder. Ein Teil der Mitarbeiterschaft verbringt den halben Tag in der Kaffeeküche, um die neuesten Gerüchte durchzuhakeln, ein anderer Teil geht in die innere Emigration, während sich die besten Mitarbeiter womöglich schon nach einer neuen Positionen umsehen. Mit anderen Worten: Das Team verliert den Zusammenhalt, die Leistung bricht ein.

Die Veränderungssituation managen

Auch wenn die Führungskraft selbst verunsichert ist, wenn sie selbst nicht weiß, wie es nun weitergeht, darf sie die eigene Unsicherheit jetzt nicht auf die Mitarbeiter übertragen. Vielmehr kommt es jetzt darauf an, das Richtige zu tun und die Veränderungs- situation systematisch zu managen.

Da eine Restrukturierung in der Regel eine beschlossene Sache ist, macht es keinen Sinn, wenn sich die davon betroffenen Abteilungen dagegen wehren. Ziel einer Führungskraft sollte es daher sein, die vorhandenen Ressourcen des Teams zu nutzen, um den Change-Prozess im Sinne des Unternehmens umzusetzen – und dabei für die eigene Abteilung das Beste aus der Situation herauszuholen. Hierbei haben sich folgende Regeln bewährt:

  • Regel 1: Kämpfen Sie nicht gegen das Unvermeidliche an.
  • Regel 2: Holen Sie alle erreichbaren Informationen ein.
  • Regel 3: Identifizieren Sie die Chancen und Potenziale der Veränderung.
  • Regel 4: KommunizierenSieoffenmitIhrenMitarbeitern.
  • Regel 5: Spielen Siemögliche Szenarien durch.
  • Regel 6: Halten Sie Ihr Team leistungsfähig.