Digitalisierung Business Transformation

Warum die „humanen Bewegungen“ für die Große Transformation zusammenarbeiten sollten

Kommentar Europa muss einen Weg der Transformation finden, der Gesellschaften nicht spaltet, wie etwa im Silicon Valley, oder zur totalen Kontrolle und zum Überwachungsstaat führt, wie in China. Winfried Felser fordert die Zusammenarbeit der "Humanen Bewegungen", wie er sie nennt. Das sei auch wirtschaftlich nötig.

Zusammenarbeit und Kooperation: Das sollte die Transformation im Kern bedeuten.
Zusammenarbeit und Kooperation: Das sollte die Transformation im Kern bedeuten.

Der NextAct für eine Humanisierung ist vorerst gescheitert …

Am 28. März des Jahres trafen sich in Brühl bei Köln wie jedes Jahr die Vordenker und Vormacher der Transformation zur großen Zusammenkunft. Vieles klappte wie geplant, nur ein To Do gelang überhaupt nicht: das Zusammenführen der Vertreter der verschiedenen „humanen Bewegungen“.

Der „humane Fokus“ – dringende Notwendigkeit und große Chance

Dabei wäre gerade diese Zusammenkunft wichtig gewesen. Die Digitalisierung steht am Scheideweg:

  • Auf der einen Seite dystopische Szenarien der gesellschaftlichen Dualisierung - man schaue gerne einmal genauer auf die Lebensrealität im Silicon Valley, insbesondere die auf die Wohnungspreise in San Francisco. Oder der totalen Kontrolle und Fremdbestimmung - hier ist China unter anderem mit dem Social Scoring „kompetenzführend“.
  • Auf der anderen Seite blühen in Zeiten der wirtschaftlichen Prosperität zarte utopische New Work-Pflänzchen (Illusionen), die aber noch nicht so verwurzelt scheinen, dass sie den nächsten Krisensturm überstehen.

Dabei ist der „humane Faktor“ gerade für Europa die große Chance auf einen alternativen Weg. Wer will schon in einer dualisierten oder total kontrollierten Gesellschaft leben? Beide dystopischen Gesellschaften werden auch das Potenzial ihrer Bürger unzureichend nutzen und das gerade in Zeiten, wo jenseits der Künstlichen Intelligenz die Kreativität und Empathie der Menschen von so großer Bedeutung sein werden. Es ist also nicht nur gutmenschlich, sondern auch ökonomisch sinnvoll, diesen Weg zu suchen.

„Humane Bewegung“, Digital Human, Industrie 4.0 Human, New Work …

Dabei sind die Ausgangsvoraussetzungen gar nicht so schlecht. 2017 hatte der Urvater der „Future of Work“ Charles Handy im KuK-Ambiente des Druckerforums in Wien eine humane Revolution gefordert. Ein Jahr später folgten ihm die Vordenker und Vormacher des Druckerforums mit dem „Human Factor“ als Thema ihrer Zusammenkunft und der Angry Man – wie ich ihn gerne bezeichne – Gary Hamel mobilisierte daraufhin direkt eine „Humane Bewegung“.

Auch in Deutschland waren wir nicht untätig. Aus dem Kontext des VDMA  erwuchs bereits vor vielen Jahren die Industrie 4.0 human-Bewegung mit dem Initiator Burkhard Röhrig von GFOS.  Kai Anderson von Promerit/Mercer versammelte seinerseits zeitgleich zu Charles Handy viele hochkarätige Personalmanager. Heiko Fischer von Ressourceful Humans möchte für Deutschland den Ball von Charles Handy/Gary Hamel aufnehmen, das Team von Haufe um Marc Stoffel arbeitet an einem People OS-Framework.

Damit kein falscher Eindruck entsteht: Diese sehr männliche Aufzählung wird ergänzt durch viele humanzentrierte Frauen und Frauen-Netzwerke wie die New Work Women mit Nadine Nobile und anderen. Die einst von Gaby Hampel (Perbit) und anderen HR-Köpfen initiierte Zukunftsinitiative Personal als Zusammenschluss von Unternehmen der HR-Branche würde sich sicherlich auch einbringen. Am Engagement der vielen Frauen und Männer scheint es also nicht zu scheitern

Vom Leben des Brian lernen. Oder besser nicht.

Was allerdings zu befürchten ist: Viele dieser Einzel-Aktivitäten erreichen nicht die notwendige kritische Schwere. Kennen Sie die „Judäische Volksfront“ beziehungsweise die „Volksfront von Judäa“? Diese spalterischen Bewegungen in „Das Leben des Brian“ zeigen, wie es nicht funktioniert, wenn sich viele aufmachen, aber keinen gemeinsamen Weg einschlagen. Besonders tragisch in diesem Meisterwerk von Monthy Python: Eine der vielen Bewegungen ist zu einer One-Man-Show reduziert und zeigt in besonderer Weise, wie tragisch der Weg zwischen gutem Willen und realer Transformation verlaufen kann.

Kollaborativer Individualismus: Jedem seinen Garten, aber Zusammenarbeit

Nun werden die oben genannten humanen Teilbewegungen nicht ihre Existenz bzw. Identität aufgeben, um sich zu vereinen. Vielleicht reicht ja ein wie auch immer geartetes lockeres Dach und dann die vielfältige Kollaboration der Akteure.  Mit großen, alles einnehmende Bewegungen haben wir in Deutschland sowieso keine guten Erfahrungen gemacht. Es lebe die Vielfalt, wenn sie kollaborationsfähig bleibt! Gerade bei diesem wichtigen Thema …