Innovation New Work

Kann es gerechte Vergütung geben?

New Work ist Arbeit, die man wirklich wirklich will. Bedeutet dann New Pay Gehalt, das man wirklich wirklich verdient? Das Buch „New Pay“ sucht nach einem Weg zu einer fairen Vergütung und stellt dabei jede Menge Fragen zur Diskussion.

Wie könnte es aussehen, das perfekte Vergütungsmodell, das alle anderen aussticht?   Foto: Pixabay
Wie könnte es aussehen, das perfekte Vergütungsmodell, das alle anderen aussticht? Foto: Pixabay

Neue Vergütungsssteme ja. Blaupausen nein. 

Das Buch “New Pay” geht ein hochexplosives Thema an: Vergütung. Wer sich Gedanken um die Zukunft der Arbeit mache, müsse sich auch Gedanken darüber machen, wie diese Arbeit in Zukunft vergütet wird, meinen die AutorInnen. Aber: „Wer eine Blaupause will, wird enttäuscht werden“. Der Begriff New Pay versteht sich nicht als Modell oder gar Einheitslösung.  

New Pay ist ein System, das lebt, atmet und sich nach Bedarf selbst anpasst. 
Ziel ist die eigene, individuelle Lösung. 

Wer bereit ist, sich auf die Fragestellungen und Impulse einzulassen, hat mit dem Buch einen Leitfaden an der Hand. Es kann dabei unterstützen, ein faires Vergütungssystem zu entwickeln, das individuell zum Unternehmen passt und zu den Menschen, die darin arbeitenEs setzt allerdings ein hohes Maß an Offenheit und Bereitschaft voraus.

  

Warum man über neue Vergütungssysteme nachdenken sollte  

Wir alle kennen die Herausforderungen unserer Zeit. Oft genug ist davon die Rede, dass sich äußere Rahmenbedingungen immer schneller verändern. Die wachsende Dynamik des Marktes und der Wertewandel in der Gesellschaft zwingen Unternehmen dazu, nicht nur Produkte, sondern auch Arbeitswelten stetig anzupassen. New Work wird breit diskutiert. Die AutorInnen des Buches „New Pay – Alternative Arbeits- und Entlohnungsmodelle“, Sven Franke, Stefanie Hornung und Nadine Nobile, sind alle drei aktiv im New Work-Umfeld verankert. Sie sind auf eine Lücke im Konzept gestoßen: Das Thema VergütungDabei erscheine es doch eigentlich logisch, „neue Ansätze in der Arbeitswelt, wie sie etwa im New Work-Umfeld oder in agilen Unternehmen entstehen, auch bei der Vergütung konsequent weiter zu denken und zu übertragen“, meinen sie. Stattdessen machten selbst innovativste Unternehmen vor diesem Thema lieber halt, so die AutorInnen. Unternehmen verharrten in alten Gehaltsstrukturen, zu heikel sei das Tabuthema Geld – Geld sei ein heißes Eisen, das nicht gerne angefasst werde  

Let’s talk about money! 

Über Geld spricht man nicht! Dieser Glaubenssatz ist tief in unserer Gesellschaft verwurzeltDas Konzept New Pay will dieses Tabu aufbrechen und fordert zur Diskussion auf. Natürlich beschäftigt sich jedes Unternehmen mit Vergütungsfragen. Für die AutorInnen gehen die Überlegungen nicht tief genug. Aus ihrer Perspektive erscheinen die Grundgedanken vieler Unternehmen zu ihrem Gehaltsmodell mit Blick auf die veränderte Arbeitswelt überholt. Man müsse das Vergütungssystem aus der Unternehmenskultur heraus denkenIn die Praxis übertragen würde dies bedeuten, ein Unternehmen müsse sich fragen, ob beispielsweise hochbezahlte Manager auch wirklich die Leistungsträger im Unternehmen sind, und wie sich solch hochbezahlte Stellen auf die Unternehmenskultur auswirken.  

New Pay – nur eine Frage der Transparenz? 

Das Transparenzdilemma bei Unternehmen, die nicht tarifgebunden sind, mache das Problem deutlich, so die AutorInnen. Wer nicht offen über Gehälter sprechen will, läuft Gefahr Misstrauen zu weckenBei ungerechter Verteilung von Gehalt wird Transparenz ganz bewusst vermiedenFür die Mitarbeitenden ist fehlende Transparenz immer ein stilles Zeichen für eine Schieflage ist. Wenn die Gehälter nach bestem Wissen und Gewissen und gründlich überlebt verteilt werdenbesteht kein Grund, eine offene Kommunikation zu vermeiden. Birgt aber natürlich immer noch gewissen Risikenden individuelles Empfinden von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit lässt sich nicht beeinflussen. Mittels einer offenen Kommunikation lassen sich Missstände immer schneller und leichter aus dem Weg räumen. 

Vieles hängt vom richtigen Timing, der Kommunikation und Erklärung von Gehaltsunterschieden sowie einem nachvollziehbaren, angemessenen und verlässlichen Verfahren ab. 

New Pay fordert Vergütungssysteme, die nicht auf Verhandlungsgeschick oder Gehaltsbenchmarks basieren. Aktuelle Debatten geben genug Anlass dazu, Gehälter unter die Lupe und Systeme in Frage zu stellenManagergehälter, die schon in einem Monat das Jahresbrutto einer Pflegekraft übersteigen, werden allgemein als ungerecht empfunden.  

Die Einführung des Mindestlohns und des Entgelttransparenzgesetztes waren Versuche der Politik, bestehenden Missständen in der Vergütung regulativ entgegenzuwirken. Bei der Auseinandersetzung mit dem New Pay Ansatz wird deutlich, warum das nur mit mäßigem Erfolg gelingen konnte. Es wurde von außen gedacht, anstatt aus der Unternehmenskultur heraus. Man müsse sich die Fragen warumwofür und wie MitarbeiterInnen be- und entlohnt werden, ganz grundsätzlich neu stellen, sagen die AutorInnen. Es geht um Wertigkeiten.

New Pay – Alternative Arbeits- und Entlohnungssysteme
Dieses Buch stellt moderne Entlohnungsmodelle vor, die auf heutige geänderte Lebens- und Arbeitsumstände eingehen. Es zeigt, wie sich die gesellschaftliche Einstellung zum Thema verändert hat und was in Unternehmen bereits erfolgreich umgesetzt wurde.
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Aber kann der Wert beispielsweise von kreativer Arbeit überhaupt be-wertet werden. Wenn ja wie? Passt es noch zu modernenbeispielsweise agilen Organisationenwenn immer noch nach Leistung bezahlt wird – wenn ja, wie und von wem wird Leistung bewertetIst es sinnvoll, Mitarbeitende nach reiner Anwesenheit zu bezahlen oder für das Erreichen von Zielen? Soll man sie nach Berufserfahrung oder nach dem Maß an Verantwortung vergütenWie bezahlt man innovative Querdenker? Wie kann Vergütung dazu beitragen, einzelne Mitarbeiter und Teams zur Zusammenarbeit zu motivieren? Dies sind nur einige von vielen Fragestellungen, die die AutorInnen aufwerfen.   

Bonunssysteme funktionieren nicht 

Eine Leistungssteigerung durch monetäre Anreize funktioniere nicht oder führe nicht zu den gewünschten Ergebnissen, erklären die AutorInnen. Das Buch New Pay beleuchtet diesen Aspekt aus dem Blickwinkel der aktuellen Motivationstheorie und verweist damit auf die komplexen Zusammenhänge zwischen Motivation und VergütungDiesen müsse daher bei der Entwicklung neuer Vergütungssyteme mehr Beachtung geschenkt werden.  

 

Wenn Sinn das Motiv für Hochleistung ist, ist Geld kein Motivator mehr! 
Herrmann Arnold, Mitgründer der Haufe-umantis AG

New Pay möchtedass nicht nur neue Arbeits- sondern auch neue Gehaltsmodelle entwickelt werden, die zu den Wertvorstellungen der Beschäftigten, den Marktbedingungen und den gewünschten Effekten passen. Angesichts der Vielzahl an Aspekten, die dabei berücksichtigt werden sollen, und der Komplexitäten, die die Fragestellungen aufwerfen, läuft das Konzept New Pay Gefahr, theoretisch zu bleiben. Der Transfer in die Praxis könnte dem ein oder anderen zu kompliziert seinDabei wird aber eigentlich nur eines deutlich: Die Vergütungssyteme der Zukunft können nicht (mehr) als Einheitsmodelle funktionierenda sie aus der jeweiligen Unternehmenskultur heraus gedacht werden müssen.  

Wie aber kann Vergütung nun systematisiert werden? Und in welchem Turnus muss sich ein Unternehmen die Vergütungsfragen neu stellen, wenn die AutorInnen von einem „Permanent Beta“ sprechen – einem Vergütungssystem, das immer wieder angepasst werden muss? Diese Fragen bleiben zunächst offen und stehen zur Diskussion.

 

Die Diskussion ist eröffnet 

Es lohnt sich, das Buch zu lesen. Es gibt interessante Einblicke und wirft Fragen auf, die Unternehmen dabei helfen könnenüber die Vergütung einen zusätzlichen Mehrwert zu ihrem neuen Entwurf der eigenen Unternehmenskultur zu finden. Das Buch stellt zehn Unternehmen vor, denen der Praxistransfer gelungen ist. Diese Beispiele ermutigen. New Pay erweitert die Dimension dessen, was wichtig ist für die Arbeit der Zukunft, um das Thema VergütungDie Diskussion ist eröffnet, und es wird spannend sein zu beobachten, wohin sie die Organisationen in Zukunft führen wird.