Business Transformation Innovation

In die Zukunft mit KI und Gentechnik

Kommentar Der Weg hin zu einer nachhaltigen und technologisch führenden Gesellschaft ist kein Selbstläufer. Die Politik müsse den Strukturwandel nicht nur begleiten, sondern aktiv gestalten, fordert die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) in ihrem Jahresgutachten für die Bundesregierung. KI und eine nachhaltige Landwirtschaft, die Gentechnik und Digitalisierung nutzt, haben ein Schlüsselrolle.

Foto: Joshua Sortino, Unsplash
Foto: Joshua Sortino, Unsplash

Nachhaltige Transformation ist kein Selbstläufer

Im Zentrum der Pressekonferenz der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) stand das jüngste Gutachten, das eine transformative Forschungs- und Innovationspolitik für Deutschland fordert. In Zeiten, in denen der Umbau der Wirtschaft und Gesellschaft hin zu Schlüsseltechnologien und Nachhaltigkeit unausweichlich erscheint, rückt die Frage, wie dieser Wandel gesteuert werden kann, zunehmend in den Fokus der Politik. Die EFI-Mitglieder präsentierten ihre Analysen und Empfehlungen, um Deutschland für die Herausforderungen der Zukunft zu rüsten.

Langfristige Ziele dürfen nicht den kurzfristigen Maßnahmen zum Opfer fallen.

Der Weg hin zu einer nachhaltigen und technologisch führenden Gesellschaft ist kein Selbstläufer. Innovationen, sowohl technologischer als auch sozialer Natur, stehen im Zentrum dieses Wandels. Der damit einhergehende Strukturwandel birgt Chancen, schafft aber auch Verlierer. Die Politik ist gefordert, diesen Prozess nicht nur zu begleiten, sondern aktiv zu gestalten und soziale Kompensationen von vornherein mitzudenken. Eine solche Herangehensweise erfordert langfristiges Denken über Legislaturperioden hinweg und eine Politik, die experimentell nach den besten Lösungswegen sucht.

Die EFI sieht konkurrierende Großprojekte und innenpolitische Spannungen als potenzielle Stolpersteine auf dem Weg zu einer erfolgreichen Transformationspolitik. Langfristige Ziele dürfen nicht den kurzfristigen Maßnahmen zum Opfer fallen. Eine kohärente und mit einem klaren Narrativ versehene transformative Innovationspolitik könnte mehr private Investitionen stimulieren und ein Leitbild für die Zukunft bieten. Dazu gehören auch Maßnahmen zur sozialen Kompensation und eine intelligente Anpassung der finanziellen Förderung an die Bedürfnisse von KMUs. Wie das gelingen kann, schilderte Benjamin Springub von der Telekom auf dem Zukunftstag des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft in Berlin. Credo: Fördermittel sind keine Almosen.

 

Schlüssel für die Zukunft: KI und nachhaltige Landwirtschaft

Besondere Aufmerksamkeit widmet die EFI der Künstlichen Intelligenz (KI) und einer nachhaltigen Landwirtschaft. Deutschland und die EU müssen in der Entwicklung von KI-Technologien zwar internationalen Großmächten wie den USA und China hinterherhinken, könnten aber durch die Förderung von KI-Innovationsökosystemen und die Nutzung offener Quellen (Open Source) eigene Akzente setzen. Wie das zusammenpasst mit den chinesischen Supercomputern, die in deutschen Hochschulen zum Einsatz kommen, konnten die EFI-Wissenschaftler auf Nachfragen nicht sehr überzeugend beantworten.

Die Forscher:innen fordern höhere Abgaben. Typisch deutsches Denken. In den USA werden 800 Milliarden Dollar in die Volkswirtschaft via Inflation Reduction Act reingesteckt über Steuergutschriften für nachhaltige Innovationen. Das bietet direkt Anreize für eine ökologische Wende.

Die beiden Supercomputer Alex und Fritz am Zentrum für Nationales Hochleistungsrechnen (NHR@FAU) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) gehören laut den internationalen Rankings zu den schnellsten und energieeffizientesten Rechnern: Anwendungsfelder, die vom Einsatz des Systems bereits profitieren, sind etwa Molekulardynamik-Simulationen bei der mRNA-Impfstoff-Forschung, Untersuchungen zur Wirkungsweise von Enzymen bei der DNA-Reparatur sowie Anwendungen im Maschinellen Lernen, beispielsweise zur Gestenerkennung. Hersteller ist die Firma Inspur aus China. Den Vorstandschef konnte der Autor der Innovationskolumne in Hamburg interviewen. Sowohl die deutschen Hochschulverantwortlichen als auch die chinesischen Topmanager äußerten sich euphorisch über die Kooperation.

In der Landwirtschaft bieten nach Analysen der EFI digitale und gentechnische Innovationen das Potenzial, die Produktion nachhaltiger und klimafreundlicher zu gestalten, wobei die Politik durch gezielte Anreize und Förderungen unterstützend eingreifen sollte. EFI brachte zudem eine Erhöhung der Kosten für Düngemittel und Pestizide ins Spiel – durch höhere Abgaben. Typisch deutsches Denken. In den USA werden 800 Milliarden Dollar in die Volkswirtschaft via Inflation Reduction Act reingesteckt über Steuergutschriften für nachhaltige Innovationen. Das bietet direkt Anreize für eine ökologische Wende.

Transformationskonferenz 2024
Prof. Henning Werner von der SRH Heidelberg veranstaltet am 21. Juni in Heidelberg die Transformationskonferenz 2024. Themenfelder sind kulturelle und digitale Aspekte der Transformation, die Transformation der Geschäftsmodelle am Beispiel von mittelständischen Unternehmen. Redner sind u.a. Oliver Sowa, Geschäftsführer Beutlhauser Gruppe, und Thomas Storck, CFO Intersport Deutschland.
Weitere Informationen und Anmeldung

Interessanterweise hat sich die Attraktivität Deutschlands als Wissenschafts- und Innovationsstandort in den vergangenen Jahren verbessert, was sich unter anderem in einer Nettozuwanderung von Forschenden widerspiegelt. Dennoch sieht die EFI weiterhin Handlungsbedarf bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen für internationale Mobilität, der Förderung der Exzellenz im Wissenschaftssystem und der Sicherung des Humankapitals.

Das Gutachten der EFI stellt einen Weckruf für die Politik dar, den notwendigen Transformationsprozess aktiv zu gestalten und dabei sowohl technologische als auch soziale Innovationen gleichermaßen zu fördern. Es gilt, ein Zukunftsbild zu entwerfen, das Deutschland als lebenswerten, nachhaltigen und technologisch führenden Standort sichert. Nur durch das Zusammenwirken von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft können die Herausforderungen der Zukunft gemeistert werden. Über Abgaben und autarke Ökosysteme für Innovationen sollten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Expertenkommission noch einmal nachdenken - spätestens im Jahresgutachten 2025.