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Schumpeter revisited: Die Kraft der kreativen Zerstörung

Kommentar Forschungen zeigen, dass Gegenden mit vielen kleinen, innovativen Unternehmen und Neugründungen, die etablierte Organisationen bedrängen und vom Markt fegen, langfristig erfolgreicher sind und mehr Arbeitsplätze schaffen und erhalten als solche mit wenig innovativen Unternehmen. Je mehr schöpferische Zerstörung des Etablierten, desto besser, meint Gunnar Sohn.

Foto: Pat Whelen, Unsplash
Foto: Pat Whelen, Unsplash

Welche Beziehung besteht zwischen der kreativen Zerstörung und der Schaffung oder Vernichtung von Arbeitsplätzen und Unternehmen? Das ist nur eine der Forschungsfragen, die die Wirtschaftswissenschaftler Philippe Aghion, Céline Antonin und Simon Bundel auf den Spuren der Theorien von Joseph Schumpeter untersuchen. Sie stellen fest: Es gibt eine positive Korrelation zwischen den beiden Messgrößen. „Die amerikanischen Bezirke mit den höchsten Raten bei der Schaffung und Vernichtung von Arbeitsplätzen waren im Durchschnitt auch die Bezirke, die zwischen 1985 und 2010 die meisten neuen Patente hervorgebracht haben. Diese Daten umfassen mehr als 1.100 Bezirke, und die Korrelation beträgt 0,456. Diese Korrelation ist größtenteils darauf zurückzuführen, dass die innovativsten Unternehmen die kleinen, jungen Unternehmen sind, die auch die meisten Arbeitsplätze schaffen und vernichten. Je größer das Unternehmen wird, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es innovativ ist. Darüber hinaus sind die Innovationen kleinerer Unternehmen radikaler und bedeutender als die größerer Unternehmen. Das Paradigma der schöpferischen Zerstörung löst eine Reihe von Rätseln im Zusammenhang mit dem Wachstum“, schreiben die drei Autoren in ihrem Opus „The Power Of Creative Destruction“.

Warum kommt es zu Wachstumsunterbrechungen?

Zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und 1985 erlebte Japan bekanntlich ein spektakuläres Wachstum des Pro-Kopf-BIP und des technologischen Niveaus, bevor es in eine lange Phase der Stagnation eintrat. Die neoklassische Theorie kann solche Brüche in der wirtschaftlichen Entwicklung nicht erklären. Da nimmt die Wachstumsrate mit der Kapitalakkumulation allmählich ab, jedoch ohne Trendbrüche.

Ökonomien, die es versäumen, ihre Institutionen dem Wandel zur Innovationswirtschaft anzupassen, geraten ins Hintertreffen.

„Die Erklärung, die die Schumpetersche Wachstumstheorie bietet, ist, dass Länder über Institutionen verfügten oder politische Maßnahmen ergriffen, die das Wachstum durch Kapitalakkumulation und wirtschaftlichen Aufholprozess begünstigten – insbesondere eine Politik der Importsubstitution. Aber sie haben es versäumt, ihre Institutionen anzupassen, um den Übergang zu einer Innovationswirtschaft zu schaffen“, erläutern Aghion, Antonin und Bunel.

Das Phänomen der säkularen Stagnation

In seiner Präsidentenrede vor der American Economic Association 1938 erklärte der Wirtschaftswissenschaftler Alvin Hansen, dass die Vereinigten Staaten seiner Meinung nach zu einem langfristig schwachen Wachstum verdammt sind, ein Zustand, den er als „säkulare Stagnation“ bezeichnete. Das Land hatte gerade die Große Depression überwunden. In jüngerer Zeit veranlasste die Finanzkrise von 2008 Larry Summers und andere Wirtschaftswissenschaftler, den Begriff der säkularen Stagnation wieder aufzugreifen, um eine Situation zu beschreiben, die ihrer Meinung nach der von Hansen 1938 beschriebenen ähnelt.

Warum ist das amerikanische Wachstum seit 2005 trotz der Revolutionen in der Informationstechnologie und der künstlichen Intelligenz zurückgegangen? Das neoklassische Modell kann das Rätsel der säkularen Stagnation nicht erklären, da es einen kontinuierlichen Rückgang des Wachstums aufgrund abnehmender Erträge aus der Kapitalakkumulation vorhersagt.

Kann das Paradigma der schöpferischen Zerstörung es besser machen? Es legt aus mindestens zwei Gründen eine optimistischere Zukunftsvision nahe als die von Larry Summers oder Robert Gordon. Erstens hat die IT-Revolution die Technologie zur Produktion neuer Ideen grundlegend und dauerhaft verbessert. Zweitens hat der mit der IT-Welle einhergehende Globalisierungsprozess die potenziellen Gewinne aus der Innovation via Skaleneffekte und gleichzeitig die potenziellen Kosten der Nichtinnovation erheblich gesteigert.

Tolle Zeiten für kreative Zerstörung.

Dementsprechend hat sich die Innovation in den vergangenen Jahrzehnten sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht beschleunigt. Wir sollten optimistischer herangehen, wenn wir die Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte angehen: Geoökonomik, robuste Lieferketten, Künstliche Intelligenz im Maschinenbau, intelligente Kreislaufwirtschaft, Rohstoffgewinnung, Management von multiplen Krisen, Aufbau von Frühwarnsystemen im globalen Handel, Klimaschutz und dergleichen mehr. Tolle Zeiten für kreative Zerstörung.