Innovation Business Strategie

Mittelstand und Start-ups – Ready to Rumble?!

Studie Im Namen der Innovation raufen sich inzwischen auch Familienunternehmen und Start-ups zusammen. Eine aktuelle Studie zeigt: Es gibt Unterschiede, aber die Zusammenarbeit gelingt.

Foto: Yulia Matvienko @unsplash.com
Foto: Yulia Matvienko @unsplash.com

Auf der Suche nach Innovation finden Familienunternehmen Start-ups

Die Modernisierung der Organisation: Das versprechen sich Familienunternehmen von der Zusammenarbeit mit Start-ups. Konkret bedeutet das, interne Kompetenzlücken zu schließen, Innovation zu beschleunigen, den Kulturwandel voranzutreiben und junge, talentierte Mitarbeitende zu finden. Auch Start-ups erhoffen sich etwas von Familienunternehmen, nämlich wertvolles Wissen, den Ausbau von Technologien und Geschäftsmodellen sowie den Einstieg in den Markt.

So viel fanden Forschende der WHU in einer qualitativen Studie über Innovationskooperationen zwischen Familienunternehmen und Start-ups heraus. Doch was ändert sich dadurch für die Beteiligten und warum braucht Innovation auch die Hilfe von externen Vermittler:innen? Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:

1. Familienunternehmen und das neue Verständnis von Innovation

Keine Ausnahme, sondern die Regel: Mehrere Familienunternehmen ziehen die Zusammenarbeit mit Start-ups inzwischen der internen Innovation vor. Die Mitarbeitende eines Unternehmens suchten vor einem neuen Projekt bewusst nach Start-ups als Kooperationspartner. Ein Unternehmen ist nach der Zusammenarbeit einem Netzwerk für Mittelstand und Innovation beigetreten, um sich mit gleichgesinnten Familienunternehmen und mit Start-ups zu umgeben.

2. Mehr Flexibilität, mehr Vertrauen beim Familienunternehmen

Viel passiert ist im Einkauf der Familienunternehmen. Eines verlangt weniger detaillierte Finanzdaten und Informationen über das geistige Eigentum des Start-ups, ein anderes vertraut bei der Abrechnung auf die Selbsteinschätzung des Start-ups zu den eigenen Fortschritten. Ein Geschäftsführer erzählt: „Wir lassen einmal alle Formulare beiseite, setzen uns an einen Tisch und machen einen gemeinsamen Vertrag darüber, was wir eigentlich erreichen wollen.“ Andere verkürzten sogar die Laufzeit von Geheimhaltungsverträgen von 10 auf 3 Jahre und legten geringere Vertragsstrafen fest.

3. Kooperation fördert den Kulturwandel von Familienunternehmen

Noch wenige Familienunternehmen teilen ihr Wissen mit anderen. Und sie sträuben sich davor, externes Wissen zu verwenden. Laut Studie schwächen Kooperationen dieses „not invented here Syndrom“: Mitarbeitende lernen trotz fremder Prozesse und Standards im Start-up die Ideen und das Wissen der anderen für das Unternehmen zu nutzen. Die Mitarbeitenden eines Unternehmens veränderten etwa ihre Kommunikation mit dem Start-up. Weil sie das Potenzial des Start-ups erkannt haben, suchten sie nach effektiven Lösungen, anstatt nur auf Probleme hinzuweisen. Ein anderes Unternehmen hat agile Arbeitsmethoden des Start-ups übernommen und lädt nun zu einem runden Innovations-Tisch ein.

4. Start-ups kommunizieren besser und schauen genauer hin

Nicht alle brauchen alle Informationen. Mehrere Start-ups passen den Wissensaustausch mit ihrem Partner je nach Rolle und Zuständigkeit an. Die Geschäftsführerin eines Start-ups spricht mit den Ingenieur:innen des Familienunternehmens etwa nicht über allgemeine Strategien, sondern klärt sie über einen Algorithmus auf. Und auch ihren Auswahlprozess für Kooperationen haben einige Start-ups angepasst: Ein Mitgründer prüft vorher, wie andere Start-ups ein Unternehmen bewerten, wer im Familienunternehmen über ein Projekt entscheidet und welches Ziel der Partner verfolgt.

5. Transparenz und Cleverness bei kooperativen Start-ups

Wer kooperative Erfahrung hat, tritt besonders transparent gegenüber späteren Partnern auf. Das stärkt das Vertrauen zwischen Start-ups und Familienunternehmen, allerdings treiben es manche jungen Start-ups mit der Transparenz zu weit. Erfahrene Start-ups hingegen lernen Unterschiede zwischen sich und dem Familienunternehmen zu akzeptieren und zu nutzen. Auf Verzögerungen beim Familienunternehmen reagiert der Geschäftsführer eines Start-ups nun entspannt: Auch seine Arbeit werde sich dann eben verzögern. Das verringert auch den Druck auf das eigene Team.

Innovation: Familienunternehmen und Start-ups brauchen Vermittler

Selbstständige Personen oder Agenturen, die gut vernetzt unter Familienunternehmen und Start-ups sind, helfen in verschiedenen Phasen der Zusammenarbeit. Diese externen Vermittler braucht es vor allem dort, wo kulturelle, strukturelle und strategische Unterschiede zur Herausforderung werden. Sie erhöhen die Kooperationsbereitschaft, helfen den Anwendungsfall zu definieren und vereinfachen die Kooperation. Außerdem beschleunigen sie den Aufbau von Vertrauen, reduzieren die Herausforderungen und unterstützen den Kompetenzaufbau.

Wer erfolgreich vermittelt, wird schnell überflüssig. Nach und nach entwickeln sich der externe Vermittler daher vom Orchestrator zum Sparringspartner. Schon früh schärft er die Innovationsziele des Familienunternehmens und den zu erwartenden Forschungsumfang. Und organisiert regelmäßige Kontaktpunkte, wo sich alle Interessengruppen des Familienunternehmens abstimmen können, um späteren Missverständnissen mit dem Start-up vorzubeugen.

Innovation collaborations between family firms and start-ups (2022)
Laura Doriane Baumgärtner, Dr. Jonas Soluk und Prof. Dr. Nadine Kammerlander vom Institut für Familienunternehmen und Mittelstand (WHU – Otto Beisheim School of Management)
Hier geht's zur Studie!

…  oder Champions in den eigenen Reihen

Große Familienunternehmen entwickelten „interne Champions“. Diese bestens vernetzten Mitarbeitenden sind Schnittstellen zwischen dem Start-up, einer Business Unit und externen Vermittlern. Durch Scouting, Projektmanagement und Mediation verbessern sie die Fähigkeit des Unternehmens, mit einem Start-up zusammenzuarbeiten. Allerdings füllen sie diese Rolle meist nicht vollständig aus: Das übernehmen meist die externen Vermittler.

Die Zukunft von Familienunternehmen und Start-ups

Die Studie lässt tief in die innovative Zusammenarbeit zwischen Familienunternehmen und Start-ups blicken. Und es zeichnet sich ab: Strategische, strukturelle und kulturelle Unterschiede lassen sich überbrücken – vor allem mit der Hilfe von externen Vermittlern. Während Familienunternehmen die Liebe zu Start-ups entdecken, sich in Flexibilität üben und einen Kulturwandel erleben, reifen Start-ups zu ernstzunehmenden und selbstbestimmten Partnern heran. Damit aber auch die breite Masse der „Hidden Champions“ mit dem Konzept der „Open Champions“ sympathisieren wird, braucht es in Zukunft vor allem: weitere Forschung und überzeugende Vorbilder.