Business Transformation Innovation

KAI statt KPI

Analyse Die Welt des neuen Managements ist voller hochtrabender Begriffe und gut gemeinter Ratschläge. Was davon aber bewährt sich im harten Alltag eines Interim- und Turnaroundmanagers? Dr. Bodo Antonic gibt Antworten. Diesmal: „Key Performance Indicator“.

Der Key Performance Index ist gefährlich

„Was man nicht messen kann, kann man nicht managen!“ Das ist der Glaubenssatz aller Manager, die etwas auf sich halten. Er ist nicht ganz falsch, dennoch ist Skepsis angebracht. Unheil richten nämlich oft die kleinen Helferlein an, die diesem Glaubenssatz zum Durchbruch verhelfen. Sie hören auf den Namen „Key Performance Indicators“, kurz KPI.

Denn KPI

  1. werden oft falsch verstanden
  2. werden oft missbraucht
  3. verwirren öfter als dass sie fokussieren helfen.

Der feine Unterschied zwischen „Performance“ und „Result“

Schauen wir uns kurz Punkt eins an. „Key Performance Indicators“ geben oft keine Auskunft über „Performance“, also die Art und Weise, wie Erfolge erzielt werden. Sie messen häufig nur, ob Erfolge erzielt werden. Der amerikanische Vordenker im Thema, David Parmenter, spricht deshalb zu Recht davon, man solle die meisten KPIs lieber „KRIs“, also „Key Result Indicators“ nennen.

Wo aber ist da das Problem, werden Sie fragen. Ganz einfach: KRIs verleiten dazu, Ziele zu erreichen – gleich auf welchem Weg. Und der falsche Weg kann auch die besten Unternehmen in die Irre führen. Ein Beispiel gefällig? In meinen Einsätzen als Interim- und Turnaroundmanager im Vertrieb spielt natürlich der „Umsatz“ als oberste Kennzahl die entscheidende Rolle.

Sich von KPIs steuern zu lassen, ist die Wurzel allen Übels. Wir müssen unsere Ziele flexibel und der Lage angemessen erreichen. Alles, was uns daran hindert, schadet.
Bodo Antonic

Damit aber öffnet man kreativen Deals und wenig zukunftsträchtigen Geschäften Tür und Tor. Beliebt, weil einfach, ist der Weg, im Verkauf ganz auf Großkunden zu setzen. Damit steigt das Volumen der Großkunden und ihre Verhandlungsmacht. Die Großabnehmer wissen um ihre Bedeutung, drücken die Preise, der Umsatz steigt, aber die Rendite sinkt. Zudem sitzt das Unternehmen auf einem Klumpenrisiko. Tolle Sache, eingebrockt durch einen KRI!

KPIs neigen zur unkontrollierten Fortpflanzung

Aus diesem Grund werden KRIs und KPIs gern eingehegt durch weitere KRIs und KPIs. Also zum Beispiel ergänzend noch die Quote an Neukunden. So lange, bis vermeintlich alle Eventualitäten geklärt und ausgeschlossen sind. Und sich eine ganze Organisation im Kennzahlenwust verheddert. Das stürzt die Akteure in Verwirrung. Verschlimmernd kommt hinzu: Oft werden KPIs quasi als Karotten den Menschen vor die Nase gehängt, um ihr Denken aus- und ihre Instinkte einzuschalten.

Die KPI-Karotte schaltet allzuoft das Denken aus

Ein weiteres Beispiel aus meiner Praxis gefällig? Im fraglichen Unternehmen war der Verkauf aggressiv auf Umsatz getrimmt und durch saftige Boni incentiviert. Zur selben Zeit wurde das Controlling daran gemessen, die Boni-Auszahlung zu drücken. Wozu das führt, bedarf keiner weiteren Erklärung. Abhilfe schaffte nur, mit der Machete durch das KPI-Dickicht zu gehen.

Oft werden KPIs quasi als Karotten den Menschen vor die Nase gehängt, um ihr Denken aus- und ihre Instinkte einzuschalten.

Dem allen zugrunde liegt das Missverständnis, man brauche KPIs, um zu steuern. Das aber ist grundfalsch. Steuern ist immer noch die Aufgabe von Menschen. Sich von KPIs steuern zu lassen, ist die Wurzel allen Übels. Wir müssen unsere Ziele flexibel und der Lage angemessen erreichen. Alles, was uns daran hindert, schadet.

Deshalb gilt für mich:

  • Lerne „Result Indicators“ und „Performance Indicators“ zu unterscheiden!
  • Nimm Kennzahlen als Gradmesser, um Entwicklungen zu verfolgen – und nicht als Autopilot zur Steuerung Deiner Mitarbeiter!
  • Fokussiere auf nur wenige KPIs/KRIs, die sich nicht widersprechen!

Die einzig wahre Steuerungsgröße: Der Key Antonic Indicator (KAI)

Und weil das alles leichter gesagt, als getan ist, mache ich hier den ultimativen Vorschlag. Nämlich: Vergesst den Wust an KPIs, der Euch umgibt! Setzt lieber auf nur eine Kennzahl: den „Key Antonic Indicator“, abgekürzt KAI.

Der KAI fokussiert aufs Wesentliche, ist widerspruchsfrei und aktiviert das Denken und Handeln aller im Unternehmen. Ich definiere ihn als das Maß, mit dem die Anbieterorganisation die Überlebensfähigkeit der Abnehmerorganisation durch innovative Ideen und nützliche Leistungen steigert.

Sind die internen Kundenbeglückungs-Hindernisse gleich 0, hat sich mein KAI mathematisch selbst abgeschafft. Dann zählt nur noch der Kundenerfolg. Und das ist das, wohin wir in unseren Unternehmen kommen müssen.
Bodo Antonic

Mein KAI richtet den Blick aller auf kontinuierliche Geschäftsbeziehungen und die Überlebensfähigkeit der Kundenorganisation. Das wiederum sichert die Überlebensfähigkeit der eigenen Organisation. Der KAI stellt zudem den Status quo durch stetige Einbindung des Kunden in Frage und treibt damit Innovation. Schließlich spießt der KAI noch alle Aspekte im Unternehmen auf, die uns daran hindern, das Beste für unsere Kunden zu tun: darunter fallen Dinge wie unnötige Bürokratie und Regeln, Trägheit im Denken und Handeln, Fokussierung auf den eigenen Nutzen und vieles mehr.

Mein Beitrag zu Ihrer Formelsammlung

Und wie wird der KAI berechnet? Ok, ich gebe zu, daran kann man noch feilen. Fürs erste schlage ich vor:

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Das Schönste an diesem Rechenweg ist übrigens: Sind die internen Kundenbeglückungs-Hindernisse gleich 0, hat sich mein KAI mathematisch selbst abgeschafft. Dann zählt nur noch der Kundenerfolg. Und das ist das, wohin wir in unseren Unternehmen kommen müssen.