Change Management

Stärkenorientierte Führung trifft auf klare Unternehmenswerte

In der dynamischen Arbeitswelt wird die gezielte Steuerung der Unternehmenskultur entscheidend für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Denn in einem angespannten Arbeitsmarkt ist die Unternehmenskultur ein entscheidender Faktor – fürs Gewinnen, vor allem aber fürs Halten von Mitarbeitenden.

Foto: Markus Winkler, Pexels.com
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Unternehmen als sicherer Hafen

Bis 2036 werden 12,9 Millionen Fachkräfte in Deutschland in den Ruhestand gehen. Das sind etwa 30 Prozent der heute aktiven Arbeitnehmer:innen, wie das Statistische Bundesamt meldet. Zusätzlich haben Unternehmen, die neue Mitarbeiter:innen einstellen wollen, zwei große Hürden zu überwinden: Es treten nicht genügend entsprechend ausgebildete Nachfolger:innen in den Arbeitsmarkt ein, und die junge Generation bringt neue Anforderungen und Ansprüche an die Arbeitswelt mit.

Wandel, Unsicherheit, Mehrdeutigkeit und Komplexität bestimmen die Welt, in der wir uns bewegen. Führungskräfte, Mitarbeitende und Unternehmen müssen sich auf neue Rahmenbedingungen einlassen und gemeinsam einen Weg finden, mit der Unsicherheit umzugehen. Kompetenzen wie Anpassungsfähigkeit und Flexibilität sind immer stärker gefordert. Unternehmen sind gezwungen, neue Ansätze im Recruiting und in der Bindung der Mitarbeitenden finden, damit sie auch in der Zukunft erfolgreich wachsen können.

In diesem Beitrag geht es um zwei mögliche Strategien, die sich getrennt voneinander umsetzten lassen, sich aber in ihrer Wirkungsweise potenzieren, wenn sie gemeinsam zum Tragen kommen: stärkenorientierte Führung und klare Unternehmenswerte.

Stärkenorientierte Führung

Eines der Ziele der stärkenorientierten Führung lautet, die Mitarbeiterzufriedenheit gezielt zu stärken und damit die Mitarbeiterbindung zu unterstützen. Salopp formuliert: wer Spaß an seiner Arbeit hat und sich darin entfalten kann, ist produktiver, engagierter und dem Arbeitgeber gegenüber loyaler.

Voraussetzung für stärkenorientierte Führung ist, dass die Verantwortlichen die individuellen Stärkenprofile aller unternehmenszugehörigen Personen zu kennen. Stärken sind Fähigkeiten und Talente, die Menschen durch individuelle Veranlagung und Vererbung in die Wiege gelegt worden sind. Im Laufe des Heranwachsens prägen sich Kernstärken aus und festigen sich schließlich im jungen Erwachsenenalter. Die Kernstärken, auch Signaturstärken genannt, leben Menschen intuitiv und oft unbewusst aus. Gerade dadurch beeinflussen sie das Denken, Fühlen und Handeln enorm. Allerdings brauchen die Signaturstärken ein Umfeld, in dem sie zum Tragen kommen können. So sind monotone Tätigkeiten ohne Abwechslung für Menschen mit der Signaturstärke „Flexibilität“ kontraindiziert. Sie schaffen in diesem Fall Unzufriedenheit.

Stärkenorientierte Führung stiftet drei große Nutzen, sowohl für die Führungskraft als auch für die geführte Person und das Unternehmen als Ganzes:

  1. Mitarbeitendenzufriedenheit & Mitarbeitendenbindung steigen. Ist es den Mitarbeitenden möglich, ihre Kernstärken gezielt im Arbeitsalltag einzubringen, sind sie zufriedener, weil die Arbeitsumgebung und die Bedingungen zu den Bedürfnissen ihrer Stärken passen. Aus dieser Grundzufriedenheit resultiert mehr Loyalität und weniger Fluktuation. Zudem tragen zufriedene Menschen zu einer positiven Grundstimmung im Team bei. Damit können Krisenzeiten leichter und schadfreier überstanden werden.
  1. Produktivität und Effizienz werden signifikant gesteigert. Glaubt man einer Studie vom Meinungsforschungsinstitut Gallup, steigert stärkenbasierte Arbeit im Team die Produktivität um 12,5 Prozent. Unter anderem, weil Mitarbeitenden, die gemäß ihrer Signaturstärken arbeiten können, seltener Fehler unterlaufen. Das erhöht dauerhaft die Qualität der Produkte und Dienstleistungen. Zudem gehen die Aufgaben den Mitarbeitenden leichter von der Hand. Das bringt eine enorme Zeitersparnis im Alltag und eine hohe Kundenzufriedenheit.
  2. Eigenverantwortung und Entscheidungsfreiheit wachsen. Die Herausforderungen der komplexen Welt verlangen nach Mitarbeitenden, die selbst denken und den besten Lösungsweg finden. Mitarbeitende brauchen einen Rahmen, in dem sie eigenständig und verantwortungsvoll arbeiten können. Eine stärkenorientierte Zusammenarbeit zwischen Führungskraft und Team fördert die Eigenverantwortung und befähigt die Menschen, Entscheidungen zu treffen. Stärkenorientierte Führung steigert die Handlungsfähigkeit eines Teams.

Klare Unternehmenswerte

Ein klarer Wertekodex bildet das Fundament einer starken und kohärenten Unternehmenskultur. Diese Werte dienen als Leitfaden für das Verhalten und die Entscheidungsfindung innerhalb des Unternehmens. Sie sind einheitliches Verständnis vom sozialen Miteinander, Zielen und Prioritäten.

Technischer Fortschritt, immer stärker werdende Integration von Künstlicher Intelligenz und gewandelte Ansprüche der nachfolgenden Fachkräfte rücken die Herausforderung Mitarbeiterbindung in den Fokus. Die Pandemie, Krisen und Kriege verstärken das Unsicherheit und Überlastung bei vielen Menschen. Es ist nur natürlich, dass Menschen sich gerade jetzt einen sicheren Hafen wünschen. Ein einheitliches und klares Wertebild schafft Vertrauen und Zuverlässigkeit und bildet damit diesen sicheren Hafen. Auf diese Weise stärkt die Unternehmenskultur die Resilienz der Mitarbeitenden.

Klare Unternehmenswerte sind zu jeder Zeit authentisch. Sie existieren nicht nur auf dem Papier, sondern in den Köpfen der Mitarbeitenden. Werte werden niemals für Außenstehende geschrieben. Sie werden definiert, um interne Zugehörigkeit und wertebasierte Entscheidungsprozesse zu unterstützen. Nur ein Werteset, dass tatsächlich in der Unternehmenskultur und in Entscheidungsprozessen verankert ist, wird als wahre Realität erlebt. Das schafft Resilienz.

Culture Teams als Hebel

Mein Tipp, der auf der Arbeit mit verschieden großen Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen basiert, lautet: Etablieren Sie ein Culture Team im Unternehmen.

Ein Culture Team ist eine dauerhaft installierte Projektgruppe aus sechs bis zehn angestellten und spiegelt möglichst einen guten Querschnitt aller Mitarbeitenden wider. Das Culture Team ist nicht zu verwechseln mit dem Betriebsrat. Dieser kümmert sich vorrangig um rechtliche Grundlagen der Zusammenarbeit. Das Culture Team wird für das Miteinander und die Arbeitskultur installiert: Ihre Themen können zum Beispiel der Teamspirit sein oder auch unternehmensweite Prozesse und Regeln, wie die Meetinghygiene, der Verhatenskodex, ein klares Wertebild, wertebasierte Entscheidungsprozesse, die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, die Kommunikation mit dem Board und weiteren Stakeholdern. Ein Culture Team verfolgt konkrete KPIs, um Fortschritt und Erfolg zu messen.

Aber auch ohne ein Culture Team kann ein Unternehmen mit gezielten Maßnahmen seine Kultur bewusster steuern. Vorausgesetzt, es existiert ein klares Wertebild mit einem Verhaltenscodex im Hintergrund, können Feedback- und Mitarbeitergespräche, gemeinsame „Lessons Learned“ Meetings, Wertekarten als Lob- oder Kritikvehicle, Onboarding- und Offboardingprozesse, Motto-Wochen, die stärkenorientierte Führung und vieles mehr eingeführt werden, um die Unternehmenskultur bewusst zu leben und zu steuern.

Innovation und Beständigkeit

Die Entwicklungen am Arbeitsmarkt fordern Unternehmen auf eine neue, ungewohnte Weise heraus. Rasante Veränderungen auf verschiedenen Ebenen bestimmen zunehmend unseren Alltag. Arbeitgeber, die in diesen Zeiten eine resiliente Kultur bieten, geben Sicherheit. Innovation und Beständigkeit schließen sich nicht aus – das Gute aus Beidem wird dafür genutzt, neue Talente zu finden und die aktuellen Mitarbeitenden zu halten. Wachstum ist trotz Fachkräftemangel möglich. Wir müssen nur bereit sein, neue Wege einzuschlagen und den Menschen, mit denen wir wachsen wollen, ehrlich und offen zuzuhören.