Innovation New Work

New Work braucht eine neue Ehrlichkeit und eine dreifache Revolution!

Kommentar Angesichts von Corona und Wirtschaftskrise werden New-Work-Initiativen, die nur Zuckerguss beziehungsweise “elitärer Scheiß“ (Hendrik Epe) waren, hinweggefegt. Wenn New Work nachhaltig wirken will, brauchen wir die dreifache Revolution, meint Winfried Felser.

Foto: Yogendra Singh von Pexels
Foto: Yogendra Singh von Pexels

Nicht Che Guevara, sondern Frithjof Bergmann

  1. „Schöner Wohnen“ für „Schöner Arbeiten“ war gestern?

Hochbezahlte Wissensarbeiter, zum Beispiel in der Automobil- oder auch der Beraterbranche, haben in den letzten Jahren eine Revolution ihrer neuen Büros erlebt. Kunst und schöne Möbel prägten die neue Arbeitswelt. Und vielleicht ein Poster von dem alten weißen Mann mit Bart, an dessen Namen sich einige schon nicht mehr erinnern (nicht Che Guevara, sondern Frithjof Bergmann).

Revolutionär war das oft nur an der Oberfläche. Hauptsache die alte Kern-Strukturen blieben weitgehend unberührt ebenso wie das alte Business Modell.

Revolutionär war das oft nur an der Oberfläche, wie auch Sandkasten-Versuche der Selbstorganisation und der neuen digitalen Logik. Hauptsache die alte Kern-Strukturen blieben weitgehend unberührt ebenso wie das alte Business Modell. „Digitale“ Cargo-Kulte nannte der Autor das auf Anregung von Dueck oder Feynmann, und es ist gut, dass diese Show vorbei ist. Das Paradoxe ist: Die neue Logik von Wertschöpfung und Arbeit war nie wichtiger als jetzt, und dazu kann auch die Arbeitsumgebung maßgeblich beitragen. Wir müssen nur weiter springen – und das ohne Scheu und ohne Ideologie mit neuer Ehrlichkeit. Und dreifacher Revolution!

Das, dessen Name man nicht nennen darf

  1. Schlimmes Wort erobert die Experience-Welt: Performance!

In der Krise werden wir ein schlimmes Wort wieder entdecken müssen, das  aktuell gerade die Experience-Welt (Customer Experience, Employee Experience, Human Experiemce …) zurückerobert: Performance! Es reicht nicht mehr, wenn einige Mitarbeiter besonders glücklich sind, wenn andere entlassen werden müssen. „Am Gewinn ist noch keine Firma kaputt gegangen“ betitelte Hermann Simon seinen neuen Bestseller zeitgemäß, und schon der große Peter Drucker wusste: "Profit is a condition of survival – it is the cost of the future“.  Die Wert-Medaille hat eben zwei wichtige Seiten, den Wert, den Mitarbeiter erfahren, und den Wert, den sie gemeinsam schaffen, um nachhaltig erfolgreich sein zu können.

Die Wert-Medaille hat eben zwei wichtige Seiten, den Wert, den Mitarbeiter erfahren, und den Wert, den sie gemeinsam schaffen, um nachhaltig erfolgreich sein zu können.

Die alten Performance-Lösungen passen dabei oft nicht zur neuen Logik der Wertschöpfung (agil, kokreativ, digital, …). Hier ist natürlich ein Neudenken erforderlich. Performance wird daher eine Renaissance im wahrsten Sinne des Wortes erleben – als Wiedergeburt im neuen Kleid.

  1. Systemrelevante fordern ihr „New Work“-Recht – zurecht!

Der Anspruch an New Work wird in Corona-Zeiten ein anderer sein, aber auch die zu beglückende Community. Beim Personalwirtschaftspreis konnten die Blue-Collar-New-Work-Projekte noch nicht den finalen Cup gewinnen. Aber es war schon ermutigend, dass unter anderen die MitarbeiterInnen der Berliner Stadtreinigung Finalisten waren. Jetzt wird mittlerweile endlich selbst an die Deskless-Mitarbeiter gedacht, die in vielen Fällen genau jene sind, die wir in Corona-Zeiten als „systemrelevant“ im neuen Sinne beklatschen. Wichtiger noch: Global stellen sie eine dominierende Mehrheit dar. Sie haben zum Teil ganz andere Bedürfnisse und brauchen andere Lösungen als Unterstützung.

New Work endlich für die Systemrelevanten

  1. Work-Life-Balance statt neue Möbel

So ist  gerade für diese MitarbeiterInnen das Arbeitszeitmanagement für eine Work-Life-Balance viel wichtiger als das Mobiliar im Headquarter. Ob alleinerziehende Ärztin oder Arzt oder Logistiker und Hobby-Trainerin oder Trainer einer Fußball-Mannschaft: Wie viel mehr Glück kann geschaffen werden, wenn Lebensmodelle nicht mehr unter dem Joch einer unflexiblen Organisations-Logik leiden müssen?! Flexibilität als große Forderung unserer Zeit darf keine Einbahnstraße sein, sondern ein Abgleich von Unternehmens- und Mitarbeiterinteressen, aber auch ein Abgleich zwischen den MitarbeiterInnen.

  1. Der „heilsame“ Virus für den „heilenden“ multiplen Aufbruch

So weit, so hoffnungsvoll. Bei einem solchen Aufbruch hätte der Schrecken der Pandemie am Ende doch noch etwas Positives, denn die Krise hat uns Handlungsbedarf aufgezeigt und notwendige Basistransformationen (z.B. New Work) katalysiert. Next New Work ist vielleicht weniger hedonistisch, dafür nachhaltiger sinnstiftend, weniger elitär, dafür akzeptanzfördernd demokratisiert und weniger oberflächen- und mehr tiefenorientiert. Das wäre gar kein so schlechter Next Act.