Digitalisierung New Work

Mythos oder echtes Problem?

Kommentar Es ist da und das nicht erst seit gestern – das Schreckgespenst Fachkräftemangel. Trotz ansteigender Arbeitslosenquote fehlt es überall an ausgebildeten Arbeitskräften. Handelt es sich wirklich um ein Problem oder ist der heiß diskutierte Personalengpass nur ein Mythos?

Foto: Tim Mossholder, Pexels
Foto: Tim Mossholder, Pexels

Fachkräfte als Katalysatoren des Unternehmens 

Fachkräfte sind in der heutigen Zeit ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft. Sie zeichnen sich durch eine besondere Expertise in ihrem Fachgebiet aus und haben in der Regel eine spezielle Ausbildung oder Weiterbildung.. Aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse, sind Fachkräfte besonders dann wertvoll für Unternehmen, wenn  sie maßgeblich zur Wertschöpfung beitragen.

 

Ein Problem mit vielen Facetten 

Warum aber herrscht trotz hoher Arbeitslosigkeit in vielen Bereichen ein Fachkräftemangel? Eine Ursache ist die Demografie: In vielen Ländern gibt es eine alternde Bevölkerung und somit weniger junge Menschen, die in den Arbeitsmarkt eintreten. Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Ein weiterer Faktor ist der technologische Fortschritt: Durch die Digitalisierung und Automatisierung werden ständig neue Berufsfelder und Anforderungen an Arbeitskräfte geschaffen. Jedoch kann es schwierig sein, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden, das über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, um mit den neuen Technologien umzugehen. Zudem hat auch die Globalisierung den Wettbewerb um ausgebildete Arbeitskräfte verstärkt. Unternehmen auf der ganzen Welt konkurrieren um eine begrenzte Anzahl an qualifizierten Fachkräften, was deren Mangel noch verschärft.

Jedoch sind auch die Unternehmen selbst maßgeblich zur Verantwortung zu ziehen. Viele Arbeitgeber investieren nicht genug in die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter:innen. Oftmals mangelt es an qualitativ hochwertigen Schulungen und Weiterbildungsprogrammen, um das Know.How des eigenen Personals zu verbessern und ihre Karrieremöglichkeiten zu erweitern. Im Blick auf Faktoren, die sich positiv auf den Fachkräftemangel auswirken (z.B. NewWork, Zuwanderung, Ausbildung) im Vergleich zu denen die sich negativ auswirken (z.B. Demografischer Wandel, neue Anforderungsprofile) überwiegen die negative Faktoren. Im Ergebnis steht der Bedarf für Fachkräfte ständig weiter. Das statistische Bundesamt geht davon aus, dass sich bis Mitte der 2030er Jahre die Zahl der Menschen im Erwerbsfähigen Alter um bis zu 4,8 Millionen verringern könnte.

Keine Fachkräfte, viele Probleme 

Die Folgen des Fachkräftemangels sind vielfältig und belasten Unternehmen in hohem Maße. Viele haben Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen, was zu Problemen in der Bewältigung der Arbeitsmengen führen kann. Zudem kann die Qualität der Arbeit darunter leiden, sollten unqualifizierte Mitarbeiter:innen eingesetzt werden müssen, um Lücken zu füllen. Oftmals wird in der Not auf teure externe Dienstleister zurückgegriffen, was zusätzliche Kosten verursacht. Aber auch deren Verfügbarkeiten sind schnell endlich. Der Mangel an Fachkräften hat Auswirkungen auf die Innovationskraft von Unternehmen, da es an kreativem Potenzial fehlt. 

Fachkräftemangel als Chance

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, gibt es verschiedene Ansätze. Wie bereits in meinem Linkedin-Artikel beschrieben, sollten wir die Situation als überwindbare Hürde und Chance ansehen, in unser bereits existierendes Personal zu investieren und es somit durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen flexibler einsetzbar zu machen. Mit einem intelligenten Workforce- und Weiterbildungsmanagement können die erlangten Qualifikationen aller Mitarbeiter:innen transparent dokumentiert werden. Auf diese Weise ist es möglich Defizite in der Qualifikationsmatrix schnell und einfach zu identifizieren.

Schaffen es Unternehmen, Familie und Arbeit in Einklang zu bringen und ein attraktives Arbeitsangebot anzubieten, können sie qualifizierte Arbeitskräfte an sich binden, die sonst anderweitig eingebunden wären.  

Auch eine verbesserte Arbeitsplatzkultur und attraktive Arbeitsbedingungen können dazu beitragen, Fachkräfte zu gewinnen und langfristig zu binden. Dies ist natürlich ein gelebtes New Work-Konzept, aber ebenso ist die Wertschätzung für die geleistete Arbeit heutzutage ein wichtiger Faktor für die Zufriedenheit von Mitarbeiter:innen. Ein weiterer Faktor ist die stärkere Einbindung von Elternteilen. Noch immer stehen sich in vielen Fällen Familiengründung und Berufstätigkeit im Weg. Der gesetzliche Anspruch auf einen Kita-Platz nützt nichts, wenn keine Plätze zur Verfügung stehen. Schaffen es Unternehmen, Familie und Arbeit in Einklang zu bringen und ein attraktives Arbeitsangebot anzubieten, können sie qualifizierte Arbeitskräfte an sich binden, die sonst anderweitig eingebunden wären. 

Künstliche Intelligenz kann helfen

Auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz kann auf verschiedene Weise dazu beitragen, den Fachkräftemangel zu bekämpfen. 

  1. Automatisierung von Aufgaben: KI kann repetitive und zeitaufwändige Aufgaben automatisieren, die bisher von menschlichen Fachkräften ausgeführt wurden. Das kann dazu beitragen, den Bedarf an Arbeitskräften zu reduzieren und vorhandene Mitarbeiter:innen zu entlasten, damit sie sich auf anspruchsvollere Aufgaben konzentrieren können. 
  2. Identifikation von Kandidaten/Kandidatinnen: KI-Tools sind in der Lage, Lebensläufe und Social-Media-Profile zu durchsuchen, um potenzielle Kandidaten/Kandidatinnen zu identifizieren, die den Anforderungen der offenen Stellen entsprechen und über die erforderlichen Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen. 
  3. Vorhersage von Abwanderungen: KI kann auch dazu beitragen, Abwanderungen von Fachkräften vorherzusagen, bevor sie effektiv eintreten. Durch Analysen von Mitarbeiterdaten können KI-Tools Vorhersagemodelle erstellen, die das Risiko von Abwanderungen oder Kündigungen abschätzen. Unternehmen können diese Vorhersagen nutzen, um Maßnahmen zu ergreifen und Mitarbeiter:innen langfristig zu binden. 

Aktivität wird belohnt werden 

Der Fachkräftemangel betrifft uns alle. Er ist schon lange nicht mehr nur ein Thema des IT-Sektors. Um diesem Problem entgegenzuwirken, müssen Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Regierungen zusammenarbeiten, um die Ausbildung und Weiterbildung von Fachkräften zu fördern und attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen. Wir sollten ihn nicht einfach hinnehmen, sondern lernen damit umzugehen und ihn aktiv gestalten. Denn eins ist klar: Nur Unternehmen, die sich dieser Herausforderung umfänglich stellen und schon heute wirksame Maßnahmen zur Fachkräftesicherung und -bindung einleiten, werden auch langfristig gegenüber ihren zahlreichen Wettbewerbern erfolgreich sein.