Change Management New Work

Purpose ist nicht systemrelevant

Kommentar Die Purpose-Debatte der vergangenen Jahre wird nun mit einem Wort vom Tisch gefegt: Systemrelevant. Die Corona-Krise teilt die Unternehmen in solche, die ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen, und solche, die dies nicht tun.

Viele Unternehmen bieten aktuell Hilfe und sorgen sich um das Wohl ihrer MitarbeiterInnen. Sie können damit nicht nur MitarbeiterInnen schützen, sondern auch binden; ebenso wie das Vertrauen ihrer KundInnen. Foto: Kelly Sikkema on Unsplash
Viele Unternehmen bieten aktuell Hilfe und sorgen sich um das Wohl ihrer MitarbeiterInnen. Sie können damit nicht nur MitarbeiterInnen schützen, sondern auch binden; ebenso wie das Vertrauen ihrer KundInnen. Foto: Kelly Sikkema on Unsplash

Wäre es nicht so zynisch, so könnte man sagen, dass die Corona-Krise für manche Firmen aktuell die beste Marketingchance seit langem bietet. Für das Textilunternehmen Trigema oder den Spirituosenhersteller Jägermeister zum Beispiel.

Beide Unternehmen machen aktuell Schlagzeilen, weil sie mitanpacken und kurzerhand die eigene Produktion – bedarfsgerecht sozusagen – geändert haben. Statt Poloshirts werden Atemmasken gefertigt, statt Kräuterschnaps wird Alkohol für Desinfektionsmittel geliefert. Die beiden Firmen stehen hier nur stellvertretend für eine immer größer werdende Anzahl an Unternehmen, die jetzt, so gut und so schnell es geht, helfen wollen. Natürlich wollen diese Unternehmen damit Geld verdienen. Aber: Dahinter stecken nicht nur marketingfördernde oder wirtschaftliche Überlegungen, sondern vermutlich ebenso der Drang, den viele Menschen aktuell verspüren: Raus aus der Hilflosig- und Untätigkeit. Rein ins Handeln.

Mit der Corona-Krise ist eine recht einfache Frage in den Ring der Purpose-Debatte getreten, die allen anderen die Show stiehlt: Ist das, was ich tue, systemrelevant?

Vor ein paar Monaten haben wir und andere an dieser und vielen anderen Stellen Debatten rund um das Thema Purpose geführt. Was bedeutet Purpose? Wie können Unternehmen, wie können Angestellte ihren Purpose, ihr Why, finden? Mit der Corona-Krise ist eine recht einfache Frage in den Ring der Debatte getreten, die allen anderen die Show stiehlt: Ist das, was ich tue, systemrelevant?

Not all heros wear capes – nicht alle HeldInnen tragen einen Umhang. Und nicht alle Menschen arbeiten als PflegerInnen, KassiererInnen, Reinigungskräfte oder VirologInnen. Aber relevant für das System, verantwortlich dafür, dass der der Laden läuft, können auch andere sein. Trigema und Jägermeister machen es vor und all jene UnternehmerInnen, die alles dafür tun, dass ihre MitarbeiterInnen gesund bleiben, entlastet werden, weil sie zum Beispiel Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu versorgen haben, und die versuchen, eben diesen MitarbeiterInnen auch noch in ein paar Monaten ein sicheres Einkommen gewährleisten zu können.

Leider gibt es auch Negativbeispiele. Elon Musk, der Mann, der wie wenig andere für Disruption steht, schien den disruptiven Charakter einer Pandemie wohl zuerst nicht begriffen zu haben. Eines seiner Tesla-Werke musste gar von der kalifornischen Polizei geschlossen werden, die daraufhin auf Twitter verkündete: „Tesla is not an essential business…“. Firmenchefs, die jetzt die Gesundheit der eigenen MitarbeiterInnen aufs Spiel setzen, müssen sich daran in Zukunft messen lassen. Das hat Musk wohl auch verstanden: Mittlerweile spendet der Milliardär Beatmungsgeräte.

Unternehmen, für die der Zusammenhalt in dieser Zeit nicht mehr ist als ein schönes Marketingversprechen, haben sehr viel mehr zu verlieren als schwarze Zahlen. Andere werden sich jetzt profilieren und können damit nicht nur MitarbeiterInnen schützen, sondern auch binden; ebenso wie das Vertrauen ihrer KundInnen.

 Die Purpose-Debatte ist tot, lang leben die Unternehmen, die jetzt Relevanz bieten können.