Business Transformation Innovation

"Transformation geschieht kontinuierlich"

Interview Ja, es sind schwierige Zeiten, sagt Ralf Hocke. Die aber viele Chancen eröffnen, wenn Unternehmen sich nicht verstecken, sondern sich den Aufgaben stellen. Eine echte Nachhaltigkeitsstrategie, die künstliche Intelligenz, Leadership, Technologie und Menschen zusammenführt, kann zum Wettbewerbsvorteil werden, meint der Veranstalter der COPETRI CONVENTION.

Anfang vom Ende oder Beginn von etwas Neuem?

Ralf, wir erleben den Ukrainekrieg, den Gazakrieg, wir haben Nullwachstum, die ersten Firmen setzen auf Restrukturierungsprogramme. Keine gute Zeit, um über Transformation und Innovation zu sprechen …

Ja und Nein. Natürlich, die genannte Multikrise stellen uns vor große Herausforderungen. Auch technologisch geht es mit Künstlicher Intelligenz seit ChatGPT rund. Wir erleben an sehr vielen Stellen einen tiefgreifenden konstanten Wandel. Die Frage, die sich im Moment stellt, lautet, was wir aus diesem konstanten Wandel machen. Sehen wir ihn als Anfang vom Ende oder als eine große Chance, die wir ergreifen können, für die wir uns aber transformieren müssen. Es geht um einen kritischen, differenzierten Blick auf das Bild, das sich uns bietet.

Die Frage, die sich stellt, lautet: Sehen wir den Wandel als Anfang vom Ende oder begreifen wir ihn als große Chance? 

Je kapitalmarktnäher Unternehmen sind, je ergebnisgetriebener sie sind, desto eher wird Innovation nach hinten gestellt. Unternehmen aber, die sich enkelfähig aufstellen wollen, die zukunftsfähig sein möchten und langfristig denken, werden die Themen Transformation und Innovation auf keinen Fall vernachlässigen. Möglicherweise werden sie ihre zukunftsgerichteten Aktivitäten etwas einschränken oder stärker priorisieren, aber grundsätzlich werden diese Unternehmen dranbleiben und den Wandel gestalten. Das höre ich aus dem Markt.

COCON
Constant Change: Let's turn it into chances – unter diesem Motto findet die diesjährige COPETRI CONVENTION am 14. und 15. Mai in Offenbach statt. Es geht um Innovation, Menschen, Technologie und Nachhaltigkeit – und warum wir das zusammen denken müssen, um zukunftsfähig zu sein. Mit Keynotes, Workshops und ganz viel persönlichem Austausch.
Mehr Infos zur COCON gibt es hier.

Dennoch sehen und hören wir im Moment viel Beharren und Klagen.

In Deutschland sind wir immer etwas skeptisch und wenig risikobereit. Während Unternehmen in den USA zum Beispiel in Künstliche Intelligenz investieren und schauen, was damit alles möglich sein könnte, blicken wir hier meist sehr stark auf die Risiken. Deshalb investieren US-amerikanische Unternehmen wahrnehmbar mehr. Sie sind schlicht innovationsfreudiger als wir.

Transformation ist immer

Transformation findet kontinuierlich statt, sei es die an Wachstum orientierte Transformation, sei es die umfangreiche Restrukturierung, die Unternehmen in die Lage versetzen soll, zukunftsorientiert zu handeln. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir genau und gerade jetzt über diese Themen sprechen müssen, um eine gute Balance zwischen Beharren und Aufbruch hinzukriegen. Der Austausch mit anderen, wie wir ihn auf der COPETRI CONVENTION (COCON) bieten, hilft wesentlich dabei, diese „Schockstarre“ zu überwinden, in der sich manche Unternehmen befinden, und wieder handlungsfähig zu werden.

Klingt so, als schlage gerade die Stunde des nicht kapitalmarktfinanzierten Mittelstands. Von dem hört man allerdings wenig in dieser Richtung.

Diese Frage stelle ich mir auch, aber ich denke, dass es etwas komplexer ist. Ja, es gibt viele Klagen über die Umstände. Aber es gibt auch viele Unternehmen, die die Möglichkeiten erkennen, die sich im Moment eröffnen. Sie akzeptieren nicht nur, dass der Wandel konstant ist und bleibt. Sie schaffen auch neue Denk- und Handlungsräume, um zukunftsfähige Lösungen zu finden. Der Mittelstand hat ja auch den Vorteil, dass er mitunter agiler agieren kann als große Konzerne. Mit diesen und für diese Unternehmen wollen wir auf der COCON in diesem Jahr ein Zeichen setzen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir aus Krisen gestärkt hervorgehen können, wenn wir nicht wie das Kaninchen vor der Schlange erstarren und hoffen, dass die Krisen uns dann nicht sehen. Dafür müssen wir allerdings bereit sein, und das gilt auch für Unternehmen, die eine oder andere heilige Kuh zu opfern. Neue Wege gehen, bewährte Produkte auslaufen zu lassen, bisher erfolgreiche Prozesse zu erneuern, ans Ende kommende Geschäftsmodelle aufzugeben.

Nachhaltigkeit, Technologie, Menschen – das gehört zusammen

Du hast mehrfach künstliche Intelligenz als Thema der COCON genannt, gleichzeitig geht es auch um People-Themen und um Nachhaltigkeit. Was verbindet diese Themen?

Wir glauben, dass wir diese Themen zusammendenken müssen, wenn wir zukunftsfähig sein wollen. Es ist zu kurz gesprungen, diese und weitere Fragen isoliert zu betrachten. Die erste Frage lautet ja schon: Was sind People-Themen? Geht es um Recruiting oder Weiterentwicklung oder Hybridarbeit vs. Präsenz oder umfasst „People“ nicht viel mehr, nämlich Antworten zu geben auf die Fragen „Was machen wir eigentlich mit unseren Mitarbeitenden? Wie wollen wir uns zusammen entwickeln? Wie wollen wir den Herausforderungen, vor denen wir stehen, begegnen? Wie wollen wir Innovationen schaffen? Wie werden wir als Individuen und als Organisation resilient?“

Isolierte Einzelbetrachtungen bringen uns nicht weiter.

Diese Fragen weisen über HR hinaus, das sind Transformationsthemen bezüglich Struktur, Prozessen, Leadership. Deswegen denke ich, dass uns eine Einzelbetrachtung nicht weiterbringt. Innovation heute ist der Umsatz von morgen. Und Unternehmen stehen vor der Aufgabe, zum einen bestehenden Umsatz so effizient wie möglich zu sichern und auszubauen und gleichzeitig Neues zu entwickeln, neue Angebote, neue Geschäftsfelder, neue Märkte. Unternehmen dürfen nicht vergessen, über das Morgen nachzudenken. Auch und gerade in schwierigen Zeiten nicht.

Wie passt Nachhaltigkeit da hinein?

Im Moment kann man den Eindruck gewinnen, viele Menschen und Unternehmen begriffen Nachhaltigkeit als Thema für Schönwetterperioden. Ein Nice to have, das wir uns nur in guten Zeiten leisten können. Man kann Nachhaltigkeit aber auch ganz anders sehen, nämlich als DAS zukunftssichernde Thema. Dann wird Nachhaltigkeit zum strategischen Wettbewerbsvorteil. Aus diesem Grund gehört für uns Nachhaltigkeit gleichberechtigt neben People, Transformation und Innovation.

Gerade in unsicheren Zeiten braucht es Experimente.  

Auf der COCON wollen wir Beispiele zeigen, die deutlich machen, dass eine gute Nachhaltigkeitsstrategie, die die drei Bereiche Environmental, Social und Governance abdeckt, Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Für die Angebote, aber auch im Recruiting, bei der Mitarbeitendenbindung, bei der Loyalität der Mitarbeitenden.

Als wir im vergangenen Jahr gesprochen haben, hast Du gesagt, das Experiment sei die neue Strategie. Im Moment suchen wir alle nach Bewährtem und nach Sicherheit. Ist die Experimentierphase schon wieder vorbei?

Ich drehe die Frage mal um: Ist das Experiment in unsicheren Zeiten nicht noch viel wichtiger? Oder, noch anders gefragt: Kann es Sicherheit geben? Nehmen wir künstliche Intelligenz. Wir ahnen, dass sie vieles grundlegend verändern kann – wie wir zusammenarbeiten, wie Prozesse gestaltet werden, wie Geschäftsmodelle aussehen. In einem Punkt ist der Einfluss absehbarer als in anderen, genau wissen wir es nicht. Wir sind nicht sicher, was da kommt. Und müssen unsere Antworten auf die Fragen, die sich stellen, im Experiment herausfinden. Versuch und Irrtum. Thesen formulieren und dann verifizieren oder falsifizieren. Wie soll das anders gehen als mithilfe von Experimenten?

Ganz kurz: Was sind Deine persönlichen Highlights der COCON 24?

Zum einen, dass wir uns unter dem Motto „Constant Change: Let’s Turn It Into Chances!“ gemeinsam fragen, was wir aus all dem, worüber wir gerade gesprochen haben, machen. Das zweite Highlight ist, dass wir verschiedene Fokusthemen haben: KI, Talent, Organisationsmodelle, Innovationskultur, Nachhaltigkeit. Und natürlich freue ich mich auf Speaker und Speakerinnen wie Magdalena Rogl, Sara Nuru, Michael Hetzer, Linh Grethe, Alexandra Mächtel, Anders Indset oder Tristan Horx. Und wir haben Katja Berlin bei uns, die uns Torten der Wahrheit zeichnet. Und viele mehr, von denen wir lernen können.