Selbstwirksamkeit Coaching

"Wir ersetzen weder die Führungskraft noch den Coach"

Interview Nicht alles ist neu in der neuen Arbeitswelt. Auch altbekannte Konzepte können neue Impulse setzen, so zum Beispiel die Selbstwirksamkeitserwartung. Was das ist und wie Coaching mit einem Chatbot klappt, erzählt Verena Hauser von Sklls im Interview.

Foto: Max Zimmermann
Foto: Max Zimmermann

Der Coaching-Markt erlebt besonders seit Beginn der Pandemie ein rasantes Wachstum. Warum haben Sie sich für digitales Coaching entschieden?

Im Psychologie-Studium arbeitete ich für eine Unternehmensberatung, zudem absolvierte ich eine Coaching-Weiterbildung. Meiner Mitgründerin Marina Eckert, ebenfalls Psychologin, und mir fiel auf, wie schwer sich andere Studierende beim Berufseinstieg, Praktikum oder einem Werkstudentenjob taten. Im Studium lernen junge Menschen viel. Auf die Realität im Unternehmen werden sie aber meist nicht vorbereitet. Unsere Kommilitoninnen und Kommilitonen fragten uns, ob wir ihnen helfen können. Das konnten wir, aber mit klassischem Coaching.

Warum bieten Unternehmen diese Unterstützung nicht selbst an?

Eigentlich profitieren Unternehmen davon, wenn es junge Menschen gut geht, wenn sie Leistung bringen und wirksam arbeiten. Aber Coaching ist teuer. Eine Stunde im Eins-zu-Eins kostet durchschnittlich zweihundert Euro, das können Unternehmen nicht für jeden zahlen. So entstand die Idee, mit unserer Chatbot-App Sally hilfreiche Frage- und Gesprächstechniken aus dem Coaching zu digitalisieren, zu automatisieren und zu einem Bruchteil der Kosten allen Zielgruppen bereitzustellen.

Eigentlich profitieren Unternehmen davon, wenn es jungen Menschen gut geht, wenn sie Leistung bringen und wirksam arbeiten.
Verena Hauser

In einem Artikel bei New Management geht es auch darum, wie Mitarbeitende der Haufe Group Ihren Chatbot Sally ausprobiert haben. Laut Messungen stieg deren Selbstwirksamkeitserwartung um 13 Prozent. Was bedeutet das?

Vereinfach gesagt, ist Selbstwirksamkeitserwartung die Überzeugung, dass ich Herausforderungen und Probleme meistern kann. Egal ob beim Umgang mit anderen Menschen oder beim Bewältigen von Aufgaben. Mitarbeitende können so im Unternehmen wirksamer werden, selbstbewusster auftreten und bessere Leistung erzielen. Sie können sogar besser mit negativem Feedback umgehen.

Coaching für Young Professionals: Kaum Zeit, kaum Ressourcen

Was bleibt Führungskräften noch, wenn Sie Ihnen mit Sally selbst das Coaching abnehmen?

Wir gehen oft von der perfekten Führungskraft aus, die coachen will und dafür auch noch Zeit hat. In der Realität ist das aber anders. Young Professionals kommen oft nicht in den Genuss von Coaching, weil keine Zeit da ist oder weil die Kompetenzen fehlen. Wo sonst kein Coaching möglich ist, kommen wir unterstützend hinzu. Wir ersetzen weder die Führungskraft noch den Coach.

Wir gehen oft von der perfekten Führungskraft aus, die coachen will und dafür auch noch Zeit hat. In der Realität ist das aber anders.
Verena Hauser

Wie können Teams vom digitalen Business Coaching profitieren?

Unternehmen setzen Sally oft in Programmen oder in der Probezeit ein. Ein Beispiel ist die neue Mitarbeiterin, die in ihrem Team viele Dinge zum ersten Mal tut. Diese Nachfrage kann nicht jederzeit beantwortet werden. Möglicherweise möchte sich die Mitarbeiterin aus Unsicherheit nicht mit jedem Problem an ihre Führungskraft wenden. In diesem Fall kann sie Sally zum Beispiel abends in der Straßenbahn nutzen, wenn sie darüber grübelt, was heute gut oder nicht gut funktioniert hat. Das Tool verlängert den Arm der Führungskraft oder einer betreuenden Person wie einer Mentorin.

Und welche Rolle wird die App im Unternehmen spielen?

Unser Wunsch lautet, dass künftig alle die Unterstützung erhalten, die sie benötigen. Unsere Kundinnen und Kunden können den Check-In künftig noch breiter ausrollen. Unternehmen können von den anonymisierten Daten profitieren und damit herausfinden, wo Stärken und Entwicklungsfelder in ihren Teams liegen. Das sind wertvolle Insights.

Unternehmen können von anonymisierten Daten profitieren und damit herausfinden, wo Stärken und Entwicklungsfelder in ihren Teams liegen. Das sind wertvolle Insights.
Verena Hauser, CEO von Sklls

Kann Sally in Zukunft mehr sein als ein Chatbot?

Was einen Unterschied machen würde oder was nur eine Spielerei wäre, das versuchen wir derzeit mit den Usern herauszufinden. In unserer Vision spricht Sally irgendwann mit mir, vielleicht trage ich dann eine VR-Brille und setze mich mit ihr ins Auto. Wenn mein Auto für mich das Fahren übernimmt und ich das nicht mehr selbst erledigen muss, hätte ich dann Zeit für ein Gespräch mit Sally.