Business Transformation Change Management

Digital Leadership? Fehlanzeige

Digitalisierung ändert alles. Heißt es immer. Viele Unternehmen glauben aber, mit Investitionen in Hard- und Software sei es getan. Ansonsten soll alles bleiben, wie es war. Funktioniert nur nicht, wie eine Studie zeigt.

Digitale Transformation ist vor allem eine Frage von Leadership - weniger von Technologie.
Digitale Transformation ist vor allem eine Frage von Leadership - weniger von Technologie.

Digitalisierung ist mehr als neue Software

39 Prozent der Unternehmen weltweit sagen von sich, über die digitalen Mittel zu verfügen, die sie für Digitalisierung und Digitale Transformation benötigen – also über die Hard- und Software und sonstige Technologien, die für die interne Zusammenarbeit und die mit Partnern, mit Kunden etc. nötig ist. Diese Zahl nennt die Studie „Understanding digital mastery today“ von Capgemini. Das sind genau so viele wie vor sechs Jahren, als Capgemini diese Studie schon einmal durchgeführt.

Viele Unternehmen vernachlässigen das Thema Führung sträflich. Und lassen die Mitarbeiter mit der Digitalen Transformation allein.

In Sachen digitaler Technologie sind die Unternehmen also nicht so richtig vorangekommen seit 2012. Aber der technologische Aspekt ist nur die eine Hälfte der Digital Mastery, die andere heißt Digital Leadership. Die Fähigkeit also, die Mitarbeiter mitzunehmen in dem großen Veränderungsprozess, der fast alle Organisationen erfasst. Und in diesem Punkt liegt laut Capgemini-Studie noch mehr im Argen: Waren es 2012 noch 45 Prozent der Unternehmen, die sich bei Führungsfragen ganz vorne sahen, so sind es heute nur noch 35 Prozent.

Das lässt zwei Deutungen zu: Entweder die Unternehmen haben damals die Führungsaufgaben in der Digitalen Transformation unterschätzt und sich fälschlich in Sicherheit gewiegt. Oder sie haben in den vergangenen Jahren tatsächlich an Führungsfähigkeiten verloren. Beides wäre höchst bedenklich.

Digital Leadership verzweifelt gesucht

Die Studienergebnisse lassen vermuten, dass Letzteres der Fall ist. Nur etwas mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen weltweit erklären, bei ihnen habe jeder Mitarbeiter die Möglichkeit, sich an digitalen Initiativen beziehungsweise der Diskussion darüber zu beteiligen. Mit anderen Worten: In zwei Drittel der Organisationen läuft der gesamte digitale Wandel der Strukturen, der Zusammenarbeit, der Technologie an den Mitarbeitern vorbei. Sie erleiden den Change und sind nicht aktiver Teil davon.

Zwei Drittel der Unternehmen geben Mitarbeitern keinen Raum, um sich aktiv an den Veränderungen zu beteiligen. 

Damit ist der Change quasi zum Scheitern verurteilt. Menschen wollen nicht verändert werden, sie wollen Veränderungen aktiv gestalten. Wer von oben herab Change oktroyiert, läuft ins Leere. Denn wenn die Mitarbeiter für sich persönlich keinen Sinn erkennen können, machen sie schlicht nicht mit.

Lernende Unternehmen sind allenfalls Utopie

Vor allem dann nicht, wenn das Unternehmen sie nicht dabei unterstützt, mit den Veränderungen und deren Folgen erfolgreich umzugehen. Umso bedenklicher, dass nicht einmal die Hälfte der Unternehmen in der Studie über dedizierte Upskilling-Programme verfügt. Und noch bedenklicher, dass weniger als 40 Prozent bei Neubesetzungen vor allem auf die digitalen Fähigkeiten und das digitale Mindset der neuen Mitarbeiter achtet.

Ganz offensichtlich gilt in vielen Organisationen die Devise: Laptop und Smartphone für alle reicht für die Digitale Transformation. Dass Digitalisierung bedeutet, Geschäftsmodelle völlig neu zu denken, Prozesse neu zu denken und vor allem tradierte Strukturen in Frage zu stellen, sehen viele nicht. Es geht darum, schnell, flexibel und im besten Sinn agil auf die sich schnell ändernden Marktbedingungen zu reagieren. Schade deshalb, dass gerade einmal 35 Prozent der Studienteilnehmer erklären, sie arbeiteten aktiv daran, neue Ideen und Experimente auf allen Hierarchieebenen zu fördern. Genauso wenige sagen, dass sie ihre Mitarbeiter zu schnellen und unabhängigen Entscheidungen ermutigen.

Bei vielen bleibt es bei Top-down-Management. Selbstorganisation, Selbststeuerung und Intrapreneurship sind wesentlich weniger verbreitet, als oft angenommen. Es bleibt viel zu tun.