New Work Digitalisierung

Vom Kaffeekränzchen zum Business Case

Mehr Frauen in Führungspositionen machen Unternehmen erfolgreicher. Weil die (digitale) Wirtschaft Diversity braucht - und die Fähigkeiten und das Wissen von Frauen. Darin waren sich die Teilnehmerinnen des Panda Kongresses 2018 einig. New Work bietet hier große Chancen.

Diversity rechnet sich, vor allem im Management.
Diversity rechnet sich, vor allem im Management.

Female Leadership: Wir müssen Denkmuster brechen

Vorweg ein kleines Rätsel, dass mir eine amerikanische Freundin erzählt hat: A father and son are in a horrible car crash that kills the dad. The son is rushed to the hospital; just as he’s about to go under the knife, the surgeon says, “I can’t operate—that boy is my son!” Wie kann das sein?

Von Freunden und Bekannten habe ich die wildesten Antworten erhalten. Doch es ist nicht der Stiefvater, kein genetisches Wunder oder gar der Adoptivsohn. Der behandelnde Arzt ist ganz schlicht und ergreifend – die Mutter. Dieses kleine Experiment zeigt, wie tiefgreifend unsere Denkmuster sind. Da unser Denken das Handeln prägt, wird es Zeit für ein Umdenken.

Frauenförderung – mehr als nur eine Quote

Laut amtlicher Statistik sind in Deutschland fast drei Viertel der erwerbsfähigen Frauen auch tatsächlich berufstätig. Diese Zahl wird häufig als Kennzahl für die Gleichberechtigung der Frau verstanden. Deutschland liegt hier EU-weit an zweiter Stelle – ein gutes Ergebnis. Obwohl die Frauenerwerbsquote in Deutschland kontinuierlich steigt, blieb der Anteil am Arbeitsvolumen jedoch konstant. Was bedeutet das? Ein sogenanntes Normalarbeitsverhältnis kommt für Frauen immer seltener in Frage. Es scheint nicht immer die notwendige Flexibilität für die mannigfaltigen Herausforderungen einer Frau im 21. Jahrhundert zu bieten. Ob diese Präferenz zu flexiblen Beschäftigungsverhältnissen selbst gewählt oder gesellschaftlich verschuldet ist, wird in den nüchternen Zahlen nicht sichtbar. Dennoch profitieren gerade Frauen von den New Work Initiativen deutscher Unternehmen.

Auf Platz 1 im EU-Vergleich steht übrigens ein Land, in dem Gleichberechtigung schon seit Jahrzehnten großgeschrieben wird. Es ist das Geburtsland von Skype, Spotify und Klarna: Schweden. Die sogenannte Frauenerwerbsquote liegt dort bei fast 80 Prozent. Könnte es also einen Zusammenhang zwischen Gleichberechtigung und digitalem Erfolg geben?

Tatsächlich belegen zahlreiche Studien einen Zusammenhang zwischen Diversity und Unternehmenserfolg. Zuletzt der McKinsey Report „Delivering through Diversity“: Dort wird vor allem der Faktor „Frauen in der Geschäftsführung“ als signifikanter Einflussfaktor für den Unternehmenserfolg beschrieben. Unternehmen mit hohem Frauenanteil in der Geschäftsführung haben ein signifikant besseres EBIT und das bis zu 21 Prozent, so der Vergleich des oberen mit dem unteren Quartil.

Diversity führt zu (digitalem) Unternehmenserfolg

Blickt man jedoch in die Leitungsebene deutscher Unternehmen, so scheint sich dieser Zusammenhang nur langsam herumzusprechen. „Schlusslicht Deutschland“ titelt auch die Studie der Allbright-Stiftung, die den Frauenanteil in den DAX-30-Unternehmen untersucht und mit den ebenfalls 30 größten Konzernen anderer Länder verglichen hat. Im deutschen Mittelstand sieht das Bild laut einer Untersuchung des Beratungsunternehmens EY nicht viel besser aus: Gerade einmal 16,3 Prozent der Mitglieder in Führungsebenen sind Frauen. Dieser Anteil steigt nur langsam.

Frauen ins Management zu bringen ist gerade in Zeiten digitaler Transformation essentiell.

Obwohl die Zahlen für sich sprechen, hört man immer wieder Stimmen, die eine Übertragung dieser Ergebnisse auf deutsche Verhältnisse anzweifeln. Und tatsächlich gibt es eine Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Jahr 2011, die keinen allgemeinen signifikanten Zusammenhang zwischen Frauen in Aufsichtsräten und Unternehmenserfolg finden konnte. Es fanden sich jedoch zwei Ausnahmen:

  1. Unternehmen mit hohem Frauenanteil und
  2. Unternehmen im B2C-Bereich

Hier schließt sich der Kreis zur digitalen Ökonomie, denn in digitalen Märkten hebt sich die Trennung zwischen B2B und B2C immer weiter auf. Wer nicht radikal kundenorientiert denkt, läuft Gefahr Opfer der digitalen Disruption zu werden. Frauen ins Management zu bringen ist gerade in Zeiten digitaler Transformation essentiell.

New Work – New Management

Meines Erachtens sind Maßnahmen wie Quoten nur eine Krücke, so sinnvoll diese derzeit sein mögen. Selbst viele Frauen sind Gegner einer Quotenregelung. Sie wollen durch Kompetenz und Leistung wahrgenommen und ausgewählt werden. Wenn Sie Frauen fördern wollen, dann werfen sie auch einen Blick auf die strukturellen Voraussetzungen. Wie viele New Work Initiativen finden in den Leitungsebenen ihres Unternehmens statt? Wie viele Teilzeitmanagementmodelle bieten sie an? Wie viele Ihrer Manager haben Familie und nahmen die Elternzeit voll wahr? Und woran messen Sie Leistung? Etwa an der Präsenz vor Ort? Ein Investment in New Work wird nicht nur den Frauenanteil steigen lassen, sondern auch eine neue Art des Managements ins Unternehmen bringen.

Gleichberechtigung beginnt im Kopf – auch bei Frauen

Neben dem strukturellen Empowerment, ist auch eine individuelle Förderung von Frauen hilfreich. Tradierte Vorstellungen müssen nicht nur von Männern überwunden werden. Die Geschichte von Birte Hackenjos, Geschäftsführerin der Haufe Group, auf dem Panda Women Leadership Contest ist dafür ein gutes Beispiel und schlägt wunderbar den Bogen zum kleinen Experiment zu Beginn dieses Artikels. In ihrer Keynote am Panda-Event bei Semigator in Berlin erzählte Sie von ihrem Start als erste Frau im Management des Unternehmens. Mit der neuen Position kamen auch neue Weihen: Ein Dienstwagen durfte bestellt werden.

Ein Investment in New Work wird nicht nur den Frauenanteil steigen lassen, sondern auch eine neue Art des Managements ins Unternehmen bringen.

Die zuständige Kollegin war bereits seit Jahren im Unternehmen und überlegte sich einen kleinen Trick, um Hackenjos zu unterstützen: Damit Hackenjos das Autokennzeichen immer auswendig parat habe, bestellte die Assistentin ein Wunschkennzeichen mit der gleichen Endung wie die der Büronummer – mit der Begründung, dass sie sich dadurch „als Frau ihre Autonummer merken könne...“.  Eine Geste der Solidarität und Unterstützung einer Geschlechtsgenossin, oder ein Stereotyp, dass Frauen sich keine Zahlen merken können? Und da sind wir wieder bei den eingeschliffenen Denkmustern, die Männer wie Frauen gleichermaßen beeinflussen. Gleichberechtigung beginnt im Kopf eines jeden Einzelnen.

Panda: Für Frauen mit dem Drive für mehr

Eine Plattform für die individuelle Förderung von Frauen bietet der Panda Women Leadership Contest. Am letzten Juni-Wochenende dieses Jahres fand dieser bei der Semigator GmbH in Berlin statt. Die Kooperation entstand durch eine Initiative von Haufe Compliance Officer Chloé Saby, die sich gemeinsam mit anderen Kolleginnen und Kollegen der Haufe Group für das Thema Diversity engagiert. Über 100 weibliche Nachwuchsführungskräfte aus unterschiedlichen Unternehmen trafen sich zum „freundlichen Wettbewerb“ unter Mitstreiterinnen. Ziel von Panda ist dabei die gezielte Vernetzung von Frauen mit dem Drive für mehr. Das Netzwerk hat sich einen Frauenanteil von 50 % in Führungspositionen zum Ziel gesetzt und steht unter dem Leitspruch „Some Leaders are born Women. Get used to it!“ – ein offener Appell ans Umdenken.

Während der Veranstaltung hatten die Teilnehmerinnen die Gelegenheit, gemeinsam Führungsqualitäten zu erproben und sich gegenseitig zu unterstützen. Neben zwei bearbeiteten Fallstudien gab es spannende Keynotes und interessante Vorträge zum Thema Führung.

Starke Hand unnötig für gute Ergebnisse

An den Fallstudien durfte ich als Beobachter teilnehmen. Meine Aufgabe war es, auf Anfrage Feedback zu geben. Interessanterweise bekam ich immer wieder die gleiche Frage gestellt: Ob ich denn einen Unterschied wahrnehmen könne zu einer rein männlich geführten Diskussion. Meine Antwort viel unterschiedlich aus: Während ich in der ersten Gruppe das typische Alphatier-Verhalten zahlreicher Männer deutlich wiedererkannte, erinnerte mich die zweite Gruppe eher an ein Kaffeekränzchen unter guten Bekannten. Niemand dominierte, niemand stach hervor, niemand übernahm die Führung.

Aus einem traditionellen Verständnis von Führung hat die zweite Gruppe versagt. Doch wenn ich die Ergebnisse beider Gruppen betrachte, so hatte die zweite Gruppe die Nase vorn. Um gute Ergebnisse zu erlangen, braucht es nicht unbedingt eine starke Hand. Führung wandelt sich. In Zeiten von Selbststeuerung und Shared Leadership ist hierarchisches Führungsverhalten in vielen Bereichen nicht mehr zielführend. Genau wie unsere Vorstellungen von geschlechterspezifischen Rollen, müssen sich auch unsere Ideen von Führung wandeln.

 

 

Ein Investment in New Work wird nicht nur den Frauenanteil steigen lassen, sondern auch eine neue Art des Managements ins Unternehmen bringen.